Lehre

Sieben Kriterien bilden die Leitlinie für unsere Lehre:

(1) Einführung der Student*innen in ein breites Spektrum von fachdidaktischen Konzepten sowie von aktueller Forschung zur Fachdidaktik und schulbezogenen Lehr-Lernforschung; (2) Entwicklung und Ausdifferenzierung von Fähigkeiten/Fertigkeiten und volitionalen Bereitschaften in den naturwissenschaftsbezogenen Kompetenzbereichen Fachwissen, Erkenntnisgewinnung (Experimentieren, Modellieren), Kommunikation und Bewertung sowie hinsichtlich inter- und intrapersonaler Kompetenzen; (3) Studieren in authentischen Lernumgebungen – z.B. im Merck-TU Darmstadt-Juniorlabor, am Darmbach und in der Darmbachaue – und Förderung von schulbezogenem und in der Schulpraxis direkt anwendbarem Wissen/Können durch fachübergreifendes, kontext- und problembasiertes Lernen; (4) Nutzung multipler visueller Repräsentationen und digitaler Medien – unter anderem digitale Messwerterfassung mit Vernier-Sets und Mobiltelefonen, digitale Gestaltung von Sachcomics und Erklärvideos, eigenverantwortliche Zoom-Präsentationen und Gestaltung wissenschaftlicher Poster; (5) Förderung von sozialen und fachdidaktischen Kompetenzen durch kooperatives Lernen – u.a. gemeinsam mit in der Schule tätigen Lehrer*innen im Rahmen von eigenen Fortbildungen; (6) Etablierung und Kultivierung von Interventionen für ein gendersensibles Handeln; (7) Forschen lernen durch forschungsbasiertes Lehren; ausgehend vom Cognitive Apprenticeship-Ansatz Einbeziehen der Student*innen als aktive Partner*innen in die didaktische Forschung. Von uns innovierte Lehrveranstaltungen stellen wir im Folgenden vor:

1. Vorlesungen zur Fachdidaktik Chemie – Teile I und II

In diesen Vorlesungen – die stets auch praktische Anteile beinhalten – erwerben die Studentinnen und Studenten ein umfangreiches Repertoire an fachdidaktischen Konzepten, das ihnen ermöglicht, Unterricht zu strukturieren und vielfältige Lehr-Lern-Inhalte an heterogene Lerngruppen mit Unterrichtsverfahren, Methoden und Kommunikationstechnologien zu vermitteln. Die Studentinnen und Studenten reflektieren die Potenziale und Grenzen von Modellen, Methoden der inneren Differenzierung, Methoden zur Förderung der Fachsprache und Einführung von Symbolen sowie von Werkzeugen für das Diagnostizieren und Optimieren von Lernprozessen. Sie eignen sich wissenschaftstheoretische und -geschichtliche Grundkenntnisse zu ausgewählten Konzepten der Chemie (PSE, Säure-Base-Konzepte etc.) an. Darüber hinaus diskutieren sie kritisch-konstruktiv Entwicklungen in der Fachdidaktik Chemie und Schulpraxis.

2. Seminar mit Laborpraxis zu Demonstrations- und Modellexperimenten sowie Outdoor-Umweltbildung

In dieser Veranstaltung recherchieren, bewerten und optimieren die Studentinnen und Studenten Versuchsvorschriften mit einer Schwerpunktsetzung auf elektro-chemischen sowie groß- und umwelttechnischen Verfahren. Dabei ist der Einsatz IT-gestützter Messverfahren obligatorisch. Die sich anschließende Präsentation der mehrfach eingeübten Demonstrationsexperimente im Plenum erfolgt im Hinblick auf fachdidaktische Bildungsziele, unter Berücksichtigung von Sicherheitsaspekten und unter vielfältigem Medieneinsatz. Am dem ihnen gegebenen Feedback diffe-renzieren die Studentinnen und Studenten ihre fachdidaktische Reflexionskompetenz aus. Das schulorientierte Experimentieren wird durch fundierte Impulsvorträge der Dozent*innen begleitet: a. Wege der naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung, b. Anwendung von Gestaltgesetzen bei der Darbietung von Demonstrationsexperimenten, c. Sicherheit beim Experimentieren (Gefahrstoffkataster, Entsorgung), d. Kontextualisierung, e. Nachhaltigkeit/BnE, f. Outdoor-Experimentieren unter Einbezug IT-gestützter Messverfahren etc. Teile der Veranstaltung finden am außerschulischen Lernort Bach/Wald statt. Die Studentinnen und Studenten konzipieren und erproben chemiebezogene Actionbounds („Chem-Tracking“), d.h. ein mobiles, ortsbezogenes Lernen unter Einsatz des Smartphones. Diesbezüglich wird die AG Fachdidaktik Chemie von einem Kollegen der Universität Wien (P. Spitzer) beraten. Auch klassische Methoden der Umweltanalytik, wie die Messung des Sau-erstoffgehaltes nach Winkler, sowie Messungen mit Visocolor-Kits und Vernier-Messsonden werden vorgestellt.

3. Seminar mit Laborpraxis zu miniaturisiertem Experimentieren

In dieser Veranstaltung lernen die Studentinnen und Studenten ein breites Spektrum an Möglichkeiten des miniaturisierten Experimentierens kennen. Sie arbeiten mit HMTC-Apparaturen, medizintechnischem Zubehör (Luer-Lock-Systemen) und Mikroglasbaukästen, in Küvetten, Petrischalen, Tüpfelplatten und Alginatbällchen sowie unter dem Mikroskop. Die inhaltliche Schwerpunktsetzung liegt dabei auf der Organischen Chemie. Das schulorientierte Experimentieren wird durch Impulsvorträge der Dozent*innen begleitet: a. Inquiry-based Learning & NOS, b. Basiskonzepte der Chemie, c. Kompetenzorientierung, d. Innere Differenzierung und e. Sicherheit beim Experimentieren. Das effektive Lernen im Labor wird begünstigt, indem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor die Herausforderung gestellt werden, Experimentalsettings (inklusive Versuchsvorschriften) selbst zu erproben, zu bewerten und zu (er-)finden. Das miniaturisierte Experimentieren eignet sich dafür ausgezeichnet, da es ein hohes Maß an Sicherheit gewährleistet und unmittelbar auf den Unterricht übertragbar ist.

4. Studentinnen/Studenten entwickeln und geben Fortbildungen für Lehrpersonen

Im Seminar Schulversuche werden Experimente zu einem ausgewählten Kontext recherchiert, erprobt, bewertet, weiterentwickelt und anschließend im Rahmen einer mehrstündigen Fortbildung für Lehrerinnen und Lehrer aus der Region dargeboten. Die Studentinnen und Studenten innovieren dabei Lernarrangements in Hinblick auf die Interdependenz zwischen Lernzielen und -inhalten sowie Methoden und Medien. Sie berücksichtigen Vorgaben durch Bildungsstandards und die Maßgabe der inneren Differenzierung. Im Rahmen der Fortbildung, die sie eigens unter Anleitung geplant, organisiert und gestaltet haben, erproben sie ihre kommunikativ-rhetorischen Fähigkeiten und erhalten von den Gästen ein Feedback auf Augenhöhe. Die Fortbildung trägt den laufenden Titel „potluck: chemistry & cake – populäre und innovative Schulversuche zur Chemie der [Thema]“. Potluck bezeichnet eine Art von Zusammenkunft, bei der jeder Gast (Lehrerin/Lehrer) eine Speise (z.B. Kuchen) mitbringt, die mit allen geteilt wird. Die Gastgeber*innen – Lehramtsstudentinnen und -studenten des Fachs Chemie – präsentieren als Gegenleistung dazu populäre und innovative Schulversuche, die die Lehrpersonen selbst ausprobieren können. Bei Kaffee und Kuchen erfolgt danach ein kollegialer Austausch.

5. Studentinnen/Studenten betreuen Schulklassen im Merck-TU Darmstadt-Juniorlabor

Dem Fachbereich Chemie an der TU Darmstadt obliegt die fachdidaktische Betreuung des Merck-TU Darmstadt-Juniorlabors www.juniorlabor.de/. Alle Akteure engagieren sich dafür, dass die vielfältigen Potenziale von Schülerlaboren dahingehend ausgeschöpft werden, dass den Studentinnen und Studenten ein Raum für Praxiserfahrungen und deren Reflexion in Kleingruppen geboten wird.

6. Fachdidaktische Begleitung der schulischen Praxisphase

In diesem Seminar werden die Studentinnen und Studenten zur konstruktiven Auseinandersetzung mit ihren Unterrichtserfahrungen angeleitet. Es werden die folgenden Schwerpunkte erarbeitet: a. Unterricht planen (Kernideen, Lernziele/Curricula/Kompetenzen, kumulatives Lernen, Unterrichtsentwurf), b. Unterricht organisieren (Sozial-, Aktions- und Verlaufsformen, innere Differenzierung und Umgang mit Diversität durch Methoden- und Aufgabenvielfalt) und c. intrapersonale Kompetenzen (Selbstreflexion und Umgang mit komplexen Anforderungen des beruflichen Alltags, mit Unterrichtsstörungen und Stress). Im Seminar evaluieren die Studentinnen und Studenten die Auswirkungen des eigenen Handelns auf heterogene Lerngruppen und suchen aktiv nach Optionen zur Verbesserung des eigenen Handelns. Unter Anleitung fertigen sie Unterrichtsentwürfe unter Rekurs auf fachdidaktische Konzepte an, begründen die Bildungsrelevanz ihrer Lernziele, konkretisieren Vorgaben von Kerncurricula und integrieren dabei Fachwissen, Wissen über den Schulstoff und Wissen darüber, wie Fachinhalte fachdidaktisch eingebettet werden (PCK).

7. Forschungsbasierte Lehre im Forschungsprojekt für Studentinnen/Studenten

Ausgehend von der Idee des Cognitive Apprenticeship-Ansatzes werden die Studentinnen und Studenten als aktive Partnerinnen und Partner in die fachdidaktische Forschungspraxis mit einbezogen. Im kooperativen Miteinander kommt es zur Enkulturation in Fach und Fachdidaktik. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nut-zen das Seminar oft als Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und damit zur Vorbereitung ihrer Bachelor- oder Examensarbeit.

8. Studentisches Peer-Mentoring im Fachbereich Chemie

Das Peer-Mentoring-Programm des Fachbereichs Chemie verfolgt das Ziel den Studienerfolg von Erstsemester*innen durch Unterstützung in der Studieneingangsphase zu verbessern. Zentraler Aspekt des Programms ist die Betreuung von Erstsemester*innen in Kleingruppen durch erfahrene Studentinnen und Studenten im Fach Chemie. Die Mentorinnen und Mentoren dienen ihren Mentees als erste Ansprechpersonen für typische Herausforderungen im ersten Semester. Sie sind zudem dazu angehalten die sozialen Kontakte ihrer Mentees innerhalb des Jahrgangs zu fördern. Die Ausbildung der Mentorinnen und Mentoren erfolgt im Vorfeld in einem kompetenzorientierten Seminar. Hier lernen sie ihre Rolle zu reflektieren, erhalten wichtige Informationen zu Anlaufstellen an der Universität und üben sich in den nachfolgenden Qualifikationen: interpersonale Kompetenz (systemische Kommunikationstechniken, Feedback geben), intrapersonale Kompetenz (Signaturstärken, Selbstregulation, Zeitmanagement, Salutogenese, Achtsamkeit), Forschungsdatenmanagement sowie Gestaltung und Präsentation eines wissenschaftlichen Posters.

9. Last but not least – unser Highlight: Kontextualisierung und Visualisierung von Experimenten im Stop-Motion-Studio für Cut-Out-Animation

Dieses Lern-Studio stellt innerhalb des Lehr- und Forschungsprofils der Fachdidaktik Chemie am Fachbereich Chemie eine zentrale Einrichtung dar. In projektorientierten Seminareinheiten werden kontinuierlich Lehr-/Lernmaterialien für den Chemieunterricht generiert. Das Material wird einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Comics werden mit der Paper-Cut-Out-Technik gestaltet, d.h. alle Teile eines Comics bestehen aus ausgeschnittenen Papierformen. Diese werden in unterschiedlicher Weise kombiniert und immer wieder neu arrangiert. Bild 1 zeigt die Einzelteile und Bild 2 die zusammengefügten Teile einer Figur.

Bild 1 (AG Fachdidaktik Chemie)
Bild 2 (AG Fachdidaktik Chemie)

Mithilfe dieser Technik lernen die Studentinnen und Studenten, vermittels Sequenzierung und Elementarisierung, Lerninhalte rezipient*innenadäquat aufzubereiten. Zudem lassen sich in die Bildergeschichten sehr gut Botschaften integrieren, die Jugendliche mit einer geringen Selbstwirksamkeitserwartung ermutigen, sich etwas zuzutrauen und bei Fehlschlägen nicht gleich aufzugeben. Insbesondere jüngere Kinder können sich gut mit Comicfiguren identifizieren. Denn das Abstrakte lässt viel Spielraum für die eigene Fantasie. Im Rahmen der Begleitforschung werden ausführliche Focus-Group-Interviews mit Expertinnen und Experten für Diversität durchgeführt. Mithilfe des Profi-Feedbacks werden die Geschichten stetig verbessert. Die Gruppendiskussionen werden aufgezeichnet, Satz für Satz ausgewertet (MAXQDA) und in der komparativen Inhaltsanalyse miteinander verglichen. Eine Auswahl an Bildergeschichten von Studentinnen und Studenten mit unterschiedlicher Herkunft, verschiedenen Interessen und vielen bunten Ideen für ein Lernen, das Freude bereitet, finden Sie hier:

www.disensu.de/comics/

Ein Tutorial zur Paper-Cut-Out-Technik finden Sie unter dem folgenden Link: Mehr erfahren