Naturwissenschaftler:innen in Gesellschaft, Akademie und Industrie - Hürden und Chancen

Die Ringvorlesung NaGAI beschäftigt sich im weiteren Sinne damit, dass Naturwissenschaftler:innen auch (nur) Menschen sind, und wie diese Tatsache ihre Forschung und ihr Zusammenleben und -arbeiten beeinflusst. Sie findet im Wintersemester immer mittwochs, in der Regel von 11:40 Uhr bis 13:10 Uhr statt. Herzlich willkommen sind sowohl Mitglieder der TU Darmstadt als auch Externe!

Das Modul „Naturwissenschaftler:innen in Gesellschaft, Akademie und Industrie – Hürden und Chancen“ (kurz: NaGAI) befasst sich damit, dass Wissenschaft von Menschen gemacht wird, die dem Anspruch der Objektivität nicht immer ohne Weiteres gerecht werden können.

Das beeinflusst

  • die Ergebnisse naturwissenschaftlicher Forschung (Auswahl von Forschungsthemen, Interpretation von Daten, (Nicht-)Publikation bestimmter Ergebnisse, …),
  • die Wege, die Naturwissenschaftler*innen beruflich gehen können (Auswahlprozesse bei Bewerbungen und Beförderungen, mentale Belastung, …),
  • die Art und Weise, in der die Öffentlichkeit Naturwissenschaftler*innen wahrnimmt (Glaubwürdigkeit, Verständlichkeit, …).

Die 2020 geborene Ringvorlesung behandelt daher Themen wie die Wahrnehmung von Naturwissenschaftler*innen in Medien und Gesellschaft, Netzwerken und Gleichstellungsbemühungen in Akademie und Industrie, verschiedene Typen von Kommunikationsverhalten, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Machtmissbrauch und Belästigung, psychische Gesundheit, Unconscious Biases, Diskriminierung, Stereotype und Diversität.

Die eingeladenen Redner*innen haben alle einen wissenschaftlichen Hintergrund aufzuweisen und betätigen sich in den unterschiedlichsten Feldern; von Biotechnologie- und Maschinenbau-Professor*innen über Unternehmens- und Karriereberater*innen, Wissenschaftsjournalist*innen und Science Slammern bis hin zu Forschenden im Bereich der Neurowissenschaften und Künstlichen Intelligenz ist alles dabei. Natürlich gibt es neben den Gastvorträgen in jeder Sitzung genug Zeit für Diskussionen mit und Fragen an die Speaker.

Die Vorlesung findet ab dem 19.10.22 mittwochs um 11:40 Uhr statt und wird via Zoom abgehalten. Einbringen können sie alle Studierenden für 2 CP gegen Vorlage eines Lerntagebuchs in den unbenoteten* Wahlbereichen der Bachelor- und Master-Studiengänge; auf TUCaN findet sich die Veranstaltung unter der Nummer 07-00-0052-vl. Mitschnitte der Veranstaltungen sowie Möglichkeiten zur Diskussion finden Teilnehmer:*innen im zugehörigen Moodle-Kurs. Dieser ist ebenfalls zugänglich für Externe, wenn sie sich vor dem Aufrufen des Kurslinks über einen Gast-Account (rechts, bzw. unten auf „Anmelden als Gast“ klicken) einloggen.

Sollten Sie Probleme mit dem Zugang haben, melden Sie sich gern per Mail bei den Verantwortlichen (siehe Schaltfläche „Kontakt“).

Wir freuen uns auf Sie!

* Wenn Ihre Studienordnung nur einen benoteten Wahlbereich vorsieht, sprechen Sie bitte im Vorfeld mit Ihrem Studienbüro ab, ob es eine Sonderregelung für die Teilnahme an diesem Modul geben kann. Falls das Wahlangebot im Studium Generale Bereich beschränkt ist, geben Sie uns gern Bescheid und stellen Sie möglichst frühzeitig einen Antrag auf Anrechnung bei Ihrem Studienausschuss.

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Zoom-Daten:

Meeting-Link
Meeting-ID: 611 8240 6134
Kenncode: 471818

Schnelleinwahl mobil: +496938079883,,61182406134#,,,,*471818# Deutschland
Einwahl nach aktuellem Standort: +49 69 3807 9883 Deutschland
Ortseinwahl suchen

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Die Aufzeichnung der Vorträge werden für TU-Interne mit (automatisch erstellten) Untertitel versehen über Panopto im Moodle-Kurs hochgeladen. Diskussionen werden anonymisiert protokolliert ebenfalls dort veröffentlicht. Innerhalb der Sitzungen bemühen wir uns, schriftliche Beiträge auch vorzulesen. Innerhalb der Meetings können automatische live Untertitel aktiviert werden.

Wenn Sie weitere Unterstützungsmöglichkeiten brauchen, um NaGAI gut rezipieren zu können, lassen Sie es uns gern persönlich oder über die anonyme Feedback-Funktion im Moodle-Kurs wissen. Wir wollen unser Bestes tun, um allen Interessierten eine volle Teilhabe zu ermöglichen, und sind immer willens dazuzulernen!

19.10.22, 11:40 – 13:10 Uhr Naturwissenschaftler*innen in der Gesellschaft [DE]
  • Christiane Attig
26.10.22, 11:40 – 13:10 Uhr Wissenschaftskommunikation [DE]
  • Lars Fischer
02.11.22, 11:40 – 13:10 Uhr Wissenschaft für morgen [DE]
  • Philipp Schrögel
  • Prof. Dr. Sven Linow
09.11.22, 11:40 – 13:10 Uhr Gesellschaftliche Werte – wissenschaftlich fundiert? [DE]
  • Prof. Dr. Thomas Saretzki
  • Lana Saksone (Doctors For Choice)
16.11.22, 11:40 – 13:10 Uhr Psychische Gesundheit [EN]
  • Dr. Olga Vvedenskaya (Max Planck Mental Health Collective & Dragonfly Mental Health)
23.11.22, 11:40 – 13:10 Uhr Unconscious Bias [DE]
  • Floria Susan Moghimi
30.11.22, Zeit: 11:40 – 13:10 Uhr Racism in Academia [EN]
  • Prof. Dr. Devang Mehta
07.12.22, 11:40 – 13:10 Uhr Sexismus im Wissenschaftssystem [DE]
  • Dr. Sarah Czerney & Dr. Lena Eckert (Netzwerk Mutterschaft und Wissenschaft)
  • Dr. Nicole Meier (BASF SE)
14.12.22, 11:40 – 13:10 Uhr Barrierefrei Studieren [DE]
  • Christoph Trüper
  • Dr. Lukas Guggolz
21.12.22, 11:40 – 13:10 Uhr Queer Scientists [DE]
  • Dr. Lisa Pecher
  • Franziska Sattler
11.01.23, 11:40 – 13:10 Uhr Chancen durch Netzwerke [DE]
  • Katja Wolter
  • ArbeiterKind.de
18.01.23, 11:40 – 13:10 Uhr Arbeitsbedingungen im akademischen Bereich [DE]
  • Jun.-Prof. Dr. Amrei Bahr
  • Dr. Anne Schreiter (German Scholars Organization)
25.01.23, 11:40 – 13:10 Uhr Publikationsdruck, Reproduzierbarkeit und Zugang zu Erkenntnissen [DE]
  • Julia Beitner (ReproducibiliTea)
01.02.23, 11:40 – 13:10 Uhr Von der Idee zur Gründung [DE]
  • Harald Holzer (HIGHEST@TU Darmstadt)
  • Dr. Renate Weisse
08.02.23, 11:40 – 13:10 Uhr Abschluss
Portrait von Christiane Attig

Kompetent, aber kalt? Stereotypische Wahrnehmung von Naturwissenschaftler*innen in der Gesellschaft

Christiane Attig

Wenn man sich mit der Frage befasst, wie Naturwissenschaftler*innen von der Gesellschaft wahrgenommen werden, stößt man schnell auf Stereotype: Hochintelligent und kompetent im Fachbereich, aber auch sozial schwierig und – als Bewohner*innen des berüchtigten „Elfenbeinturms“ – eher nicht am Austausch mit Außenstehenden interessiert. Das Stereotype Content Model (Fiske et al., 2002) ist ein psychologisches Modell zur Klassifikation von Stereotypen über verschiedene gesellschaftliche Gruppen, das besagt, dass sich Stereotype auf zwei Dimensionen einordnen lassen: Kompetenz und Wärme. Während Naturwissenschaftler*innen im Durchschnitt als hoch kompetent eingeschätzt werden, gelten sie als nur moderat warm. Die Wärme-Dimension ist jedoch ausschlaggebender für das Vertrauen in die Personengruppe als die Kompetenz-Dimension. Angesichts des zwar in den letzten Jahren gestiegenen, aber immer noch ausbaufähigen Vertrauens in die Wissenschaft scheint es Anlass zu geben, sich mit Möglichkeiten zur positiven Beeinflussung der wahrgenommenen Wärme von Naturwissenschaftler*innen auseinanderzusetzen. In diesem Vortrag möchte ich einen Überblick zum Status Quo der Stereotypenforschung in Bezug auf Forschende geben und das Potenzial von Wissenschaftskommunikation zur Steigerung des Wissenschaftsvertrauens aufzeigen. Ein besonderes Augenmerk wird außerdem auf geschlechterbezogene Wahrnehmung von Naturwissenschaftler*innen gelegt.

Christiane Attig studierte Psychologie an der Technischen Universität Chemnitz, wo sie derzeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projektmanagement tätig ist. Seit 2018 produziert sie mehrere Podcasts, die sich der Wissensvermittlung von psychologischen Befunden und Methoden sowie der Sichtbarmachung von Lebens- und Karrierewegen von Frauen und nicht-binären Personen in der Wissenschaft widmen. Seit 2021 gehört sie zum Dozierendenteam des Nationalen Instituts für Wissenschaftskommunikation und bietet Seminare zur Stärkung kommunikativer Kompetenzen insbesondere in den Bereichen Social Media und Podcast an.

Portrait von Lars Fischer
Bild: Harald Krichel

Wie man Wissen verbreitet

Lars Fischer

Eine aufgeklärte Gesellschaft passiert nicht von alleine – im Gegenteil. Während sich einerseits Kuriositäten und zusammenhanglose „fun facts“ aus der Forschung heutzutage verbreiten wie nie, haben es andererseits die oft komplizierten Ideengebäude moderner Wissenschaft schwerer denn je. Zum Glück geht beides zusammen. Erfolgreiche Wissenschaftskommunikation respektiert den Wunsch der Öffentlichkeit nach wissenschaftlicher Unterhaltung und nutzt ihn, um von den Kuriositäten zu den Konzepten dahinter zu gelangen.

Der ausgebildete Chemielaborant arbeitete als Analytiker, bevor er an der Universität Hamburg Chemie studierte. Nach dem Abschluss startete er einen der ersten deutschen Wissenschaftsblogs und arbeitete als freier Wissenschaftsjournalist.Er ist Redakteur bei »spektrum.de« und »Spektrum – die Woche«, betreut die Blogplattform »SciLogs« und betreibt mit »Spektrum«-Redakteur Mike Beckers den YouTube-Kanal »Wir Werden Alle Sterben«. Seine wichtigsten Themen sind Chemie und Materialforschung, Infektionskrankheiten, Naturkatastrophen und Quokkas.

Portrait von Philipp Schrögel

Wie viel „Science“ steckt in „Fiction“ – Wieviel „Fiction“ steckt in „Science“?

Philipp Schrögel

Theoretische und praxisbezogene Überlegungen zur Beziehung zwischen Wissenschaftskommunikation und Science Fiction

Das Jahr 2022 ist geprägt von Dürre, Nahrungsmittelknappheit, sozialer Ungleichheit und enormem Bevölkerungswachstum. Es handelt sich dabei aber nicht um das aktuelle Jahr 2022, wie vielleicht der letzte Punkt der Aufzählung hat erahnen lassen, sondern das Jahr 2022, wie es im Spielfilm Soylent Green aus dem Jahr 1973 imaginiert wurde. Sicher hat die Gegenwart mit vielen der erzählerisch nützlichen Extreme aus der damaligen fiktionalen Zukunft wenig zu tun, im Kern treffen aber einige der Prognosen durchaus zu.

Dabei greift der Film – wenn auch ohne einen expliziten Bezug – viele Punkte aus dem nur ein Jahr zuvor erschienenen wissenschaftlichen Bericht Die Grenzen des Wachstums des Club of Rome auf. Auch hier sind etliche Prognosen nicht eingetreten, aber der Bericht hat dennoch wichtige Impulse gesetzt.

Es stellt sich also die Frage, ob und wie sich Science Fiction und Wissenschaft beeinflussen, und wie dies in der Wissenschaftskommunikation genutzt werden kann. Neben wenigen grundlegenden theoretischen Überlegungen sollen im Vortrag insbesondere praktische Fallbeispiele und Anwendungsmöglichkeiten im Zentrum stehen.

Das angeführte Beispiel einer der ersten Ökodystopien Soylent Green macht deutlich, dass die möglichen Schnittmengen über die meist nur genannten reinen technischen Visionen und Entwicklungen hinausgeht, wie beispielsweise die oft bemühte Parallele zwischen dem in Star Trek genutzten Tricorder und den heutigen Smartphones.

Philipp Schrögel erhielt ein Diplom in Physik von der Universität Erlangen-Nürnberg mit einer Spezialisierung in Strahlen- und Medizinphysik. Anschließend ging er als McCloy-Stipendiat der National German Merit Foundation an die Harvard University. An der Harvard Kennedy School of Government erwarb er einen Master in Public Policy (MPP) mit dem Schwerpunkt Wissenschafts- und Technologiepolitik.

Von Juni 2011 bis September 2014 arbeitete er als Berater für Bürgerbeteiligung, Wissenschafts- und Technologiekommunikation und Zukunftsforschung bei der IFOK GmbH. Seine wichtigsten Projekte in dieser Zeit waren der Bürgerdialog Zukunftstechnologien/Zukunftsthemen für das Bundesministerium für Bildung und Forschung, der Stakeholderdialog zur Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie für die Bundesregierung und das Forum für Technikjournalismus. Seit September 2014 arbeitet er als freiberuflicher Berater und Wissenschaftskommunikator.

Zwischen 2012 und 2016 hatte er verschiedene Lehraufträge am Zentralinstitut für Angewandte Ethik und Wissenschaftskommunikation an der Universität Erlangen-Nürnberg. Von Februar 2016 bis März 2021 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung für Wissenschaftskommunikation am Institut für Technikzukunft am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und unterrichtete in den BA- und MA-Studiengängen „Science – Media – Communications“. Seine Hauptprojekte waren Science In Presentations (Rezeptionsstudien zu Formen der Wissenschaftspräsentation), Science For All (marginalisierte und ausgeschlossene Zielgruppen in der Wissenschaftskommunikation und Evaluation von inklusiven/zugänglichen Pilotprojekten). Er war für mehrere Projekte zur Umsetzung und Bewertung innovativer Formen der Wissenschaftskommunikation verantwortlich: „And what are you doing?“ (Wissenschaftskommunikation in ländlichen Gebieten), „Ocean Shop Window“ (Videoinstallationen und öffentliche Vorträge in leerstehenden Geschäften) und „Back to the Future of Work“ (Workshops und ein Dokumentarfilm, der historische und zeitgenössische Perspektiven auf die Zukunft der Arbeit vergleicht).

Er organisiert und moderiert den Science Slam Karlsruhe und war Mitglied der 2019er Klasse des Open Science Fellowship von Wikimedia Deutschland, Stifterverband und Volkswagenstiftung.

Seit April 2021 ist er als Forschungsbereichskoordinator und Verantwortlicher für die Wissenschaftskommunikation am Käte Hamburger Zentrum für Apokalyptische und Postapokalyptische Studien (CAPAS) tätig.

Portrait von Prof. Dr. Sven Linow

Wasserstoff als Energieträger der Zukunft - Welche Folgen birgt die allgemeine Erwartungshaltung?

Prof. Dr. Sven Linow

Wo stehen wir beim Wasserstoff? Ist schon alles in trockenen Tüchern und Wasserstoff wird sehr bald Kohle, Erdöl und Erdgas ersetzen oder ist Wasserstoff noch Science Fiction? Die Antwort auf diese Frage bestimmt unsere Erwartungen an technologische Entwicklungen und damit den Arbeitsalltag von Menschen, die technologische Entwicklung in sehr vielen Bereichen betreiben – von der Mobilität bis hin zur Grundstoffindustrie.

Der Vortrag soll einige Impulse geben, die wir in der Diskussion vertiefen.

Sven Linow studierte Physik und Vegetationsökologie in Hamburg. Unter Prof. Janicka nahm er im Jahr 2000 seine experimentelle Promotion im Bereich reagierende turbulente Strömungen an der TUD vor. Bis 2014 arbeitete er bei der Heraeus Noblelight GmbH, dort zuletzt als Entwicklungsleitung Infrarot Elektrowärme. Seither hat er an der h_da eine Professur für Angewandte Technische Thermodynamik und Umwelttechnik inne. Aktuell treibt Sven Linow die Entwicklung eines Studienfeldes Nachhaltige Entwicklung voran.

Portrait von Prof. Dr. Thomas Saretzki

Wissenschaft, Technik und Demokratie: Wechselwirkungen im Wandel

Prof. Dr. Thomas Saretzki

Naturwissenschaftliche Forschung kann nicht nur neues Wissen schaffen und zur technologischen Steigerung von Handlungsoptionen beitragen. Sie geht vielfach auch mit neuen Unsicherheiten und neuen Handlungszwängen einher. Forschungsvorhaben und technische Innovationen lösen nicht nur eng definierte Probleme. Sie schaffen auf anderen Ebenen oft auch neue. Diese betreffen in den meisten Fällen nicht alle gesellschaftlichen Gruppen in gleicher Weise. Neue Handlungsoptionen und -zwänge sind in der Gesellschaft ungleich verteilt. Das hat Folgen für ihre Bewertung und Regelung.

Optionen, Risiken und Zwänge werden in modernen Gesellschaften unterschiedlich wahrgenommen und unterschiedlich bewertet. In vielen Fällen sind sie umstritten. Die gesellschaftliche Bewertung von Forschungslinien und Technologien kann in einer Demokratie nicht einseitig von denen vorgenommen werden, die in der Wissenschaft als Protagonist*innen oder Promotor*innen neuer Entdeckungen oder Erfindungen wirken. Gesellschaftliche Werte, Normen und Interessen sind nicht allein wissenschaftlich zu fundieren. Während die Verwissenschaftlichung und Technisierung der Gesellschaft früher meist als einseitige, linear und gleichsam “naturwüchsig” verlaufende Prozesse angesehen wurden, sind heute verschiedene gegenläufige Bewegungen zu beobachten. An die Stelle einseitigen Transfers von der Wissenschaft in die Gesellschaft tritt ein Bild widersprüchlicher Wechselwirkungen: Die real existierenden Wissenschaftssysteme sind heute durch unterschiedliche Prozesse der Industrialisierung, Privatisierung und Kommerzialisierung, aber auch durch Tendenzen der Moralisierung, Verrechtlichung und Politisierung von Forschung und Technologie gekennzeichnet. Wissenschaft und die dort tätigen Menschen werden stärker mit Forderungen nach Beiträgen zur Bearbeitung gesellschaftlicher und ökologischer Probleme konfrontiert. Damit werden sie aber auch dem Zwang ausgesetzt, in den politischen Konflikten um diese Probleme und die Perspektiven ihrer Lösung zumindest implizit Position zu beziehen.

Soziale Unterschiede gibt es nicht nur in gesellschaftlichen Werten und in den Bewertungen von wissenschaftlicher Forschung und technischen Innovationen, sondern auch in den Möglichkeiten, auf umstrittene wissenschaftlich-technische Entwicklungen zu reagieren und diese politisch mitzugestalten. Versteht man die Erfindung und Entwicklung von Demokratien als Lernprozess, dann ist es die Aufgabe ihrer Angehörigen, für diesen Streit angemessene Strategien der Problembewältigung und faire Formen der Konfliktregelung zu finden.

Thomas Saretzki ist seit 2007 Universitätsprofessor für „Politische Theorie und Politikfeldanalyse“ am Institut für Politikwissenschaft und am Zentrum für Demokratieforschung der Leuphana Universität Lüneburg.

Er studierte Biologie, Politikwissenschaft, Philosophie und Erziehungswissenschaften an der Universität Hamburg. Nach Tätigkeiten als wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Universitäten Hamburg, Hannover und der TU Darmstadt sowie Studien- und Forschungsaufenthalten an der Yale University und verschiedenen Forschungseinrichtungen in den USA promovierte er 1998 mit einer Arbeit über Diskursverfahren zur Gentechnologie am Fachbereich Philosophie und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg. Dort hat er sich im Jahr 2000 auch für das Fach Politikwissenschaft habilitiert. 2001 erhielt er einen Ruf auf eine Professur für Umweltpolitik am Fachbereich Umweltwissenschaften der Universität Lüneburg. 2006 war er Visiting Research Scholar am Center for International and Comparative Studies der Northwestern University, Evanston, Illinois. 2008 übernahm er eine Gastprofessur „Mensch und Technik“ an der Philosophischen Fakultät der RWTH Aachen University.

Er war Ko-Sprecher des Arbeitskreises „Politik und Technik“ der Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft (1997-2006), Mitglied des International Scientific Advisory Board für das Institut für Technikfolgenabschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (2008-2014) und gehört gegenwärtig dem wissenschaftlichen Beirat der Zeitschrift für Technikfolgenabschätzung in Theorie und Praxis (TATuP) an.

Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Demokratietheorie, der Politikfeldanalyse und der sozialwissenschaftlichen Umwelt-, Technik- und Wissenschaftsforschung. Zu diesen Bereichen hat er zahlreiche Vorträge gehalten und viele Beiträge in deutschen und internationalen Fachzeitschriften und Buchpublikationen veröffentlicht (siehe Homepage).

Kontakt:

Univ.-Prof. Dr. Thomas Saretzki

Leuphana Universität Lüneburg

Institut für Politikwissenschaft/

Zentrum für Demokratieforschung

Scharnhorststrasse 1

D-21335 Lüneburg

Mail:

Fon: 04131-677-2460

Fax: 04131-677-2464

Buntstifte in allen Farben des Regenbogens bilden einen strahlenden Kreis
Bild: Mahbod Akhzami auf Unsplash

Gesellschaftliche Werte und reproduktive Rechte - Wo bleibt die Evidenz

Lana Saksone (Doctors for Choice)

Abstract

CV

Portrait von Dr. Olga Vvedenykaya

The science of mental illness and the situation in academia

Dr. Olga Vvedenskaya (Max Planck Mental Health Collective / Dragonfly Mental Health)

There are many misconceptions about psychiatric disease, what causes it, who is at risk, and how it manifests. Increasingly we are understanding how immense a problem this is within academia. This talk includes information about the prevalence of mental ill health in general and academic populations, an overview of signs and symptoms highlighting those seen in academic settings, and the science underlying the causes and treatments of mental illnesses. During the talk we will also cover the importance of peer networks in supporting academic mental health.

Olga was born in Moscow, Russia. She studied medicine specializing in medical biophysics in Moscow and worked on her MD thesis devoted to traumatic brain injury and mass spectrometry at the University of Pittsburgh, USA. She further did her PhD in Berlin, Germany working on a multi-omics approach to research of liver cancer and pre-cancerous conditions. She continued her work in translational medicine and mass spectrometry in Dresden, working as a postdoc in MPI-CBG. Currently, she works as a Scientific communication manager in Industry. Additionally to her main job, Olga devotes herself to academic mental health advocacy. She is a co-founder of Dragonfly Mental Health.

Portrait von Floria Susan Moghimi

Neurologische Grundlagen von unbewussten Vorurteilen und Auswirkungen ihrer unreflektierten Übertragung auf intelligente Systeme

Floria Susan Moghimi

Unbewusste Vorurteile – oder auch Unconscious Bias genannt, sind Hirnstrukturen, die alle Menschen in sich tragen. Obwohl wir glauben, immer objektiv und rational zu handeln, zeigen neurowissenschaftliche Studien genau das Gegenteil: So treffen wir während des Tages geschätzt nur rund fünf Prozent der Entscheidungen bewusst, während 95 Prozent über unsere inneren Autopilot*innen entschieden werden. Das hat Auswirkungen: Darauf, wer unsere bevorzugten Kolleg*innen sind, wen wir für besonders kompetent halten, wer öfter befördert wird und auch darauf, welche Entscheidungen künstliche Intelligenz-Systeme treffen. Im Vortrag lernst du, welche Prozesse eigentlich im Gehirn ablaufen, warum wir diskriminierend handeln können, ohne es zu merken und du erfährst, was das eigentlich gesellschaftlich bedeutet. Denn aktuell sind wir dabei, diskriminierende Strukturen und Machtsysteme durch algorithmische Entscheidungssysteme 1:1 in die digitale Welt zu übertragen – mit weitreichenden Folgen für alle.

Floria Susan Moghimi ist Diversity, Equity & Inclusion Consultant und arbeitet erfolgreich mit Kund*innen aus innovativen Branchen an einer chancengerechteren Arbeitswelt. Bevor sie ihre eigene Boutique-Beratung gegründet hat, war sie in der in- und externen Kommunikation internationaler Großkonzerne tätig. Floria hat einen Master in Politikwissenschaft der Universität Marburg. Komplexes zu vereinfachen und dabei das Wesentliche zu sehen, liegt ihr besonders gut. Und weil Identitäten und Systeme mehrdimensional und komplex sind, denkt und arbeitet sie intersektional. Mit Workshops, Audits und Analysen unterstützen sie und ihr Team dabei, passende DEI Strategien zu formulieren und umzusetzen. Sie liebt es, auch im digitalen Raum präsent zu sein: Mit ihrem Online-Magazin und der Leitung der größten deutschsprachigen D&I-Gruppe auf LinkedIn.

Portrait von Prof. Dr. Devang Mehta

Racism in academic science: How it works and what you can do about it

Prof. Dr. Devang Mehta

Academia and science operate using specific structures that exacerbate and reify existing societal inequalities and injustices such as racism. These include a reliance on prestige indicators for career advancement, an extractive system of publishing, and vast power imbalances. As a result, multiple studies have found racial inequities in career progression and science publishing, as well as evidence of wide-spread racially motivated bullying in academic labs. Further, some sectors of the sciences have not yet repudiated the false belief in biologically determined ‘races’ and their association with socioeconomically-dictated traits like intelligence. In this talk I will speak about my own experiences navigating a career in the academic life sciences as a visible minority immigrant from the Global South, especially amid anti-immigrant sentiment in Europe. I will lay out the evidence for racism in the academy as well as outline how adopting Equity, Diversity & Inclusion frameworks can help address this deep-rooted problem. Finally I hope to inspire other scientists in the audience to begin taking steps to combat racism in their professional communities.

Prof. Dr. Devang Mehta is a Tenure-Track Assistant Professor in the Faculty of Bioscience Engineering at KU Leuven in Belgium. Originally from India, Prof. Mehta holds an engineering undergraduate degree in biotechnology, a Master’s in systems and synthetic biology from Imperial College London, and a Doctor of Sciences degree from ETH Zurich. His past research has focused on engineering disease resistance in cassava, inventing a new method for sequencing circular DNA, and most recently, on discovering new aspects of plant chronobiology. His brand-new Laboratory for Experimental Plant Systems Biology (EPSB) at KU Leuven will focus on harnessing plant circadian biology to engineer climate-resilient traits, such as latitudinal adaptation, in plants. Apart from laboratory research, Prof. Mehta writes popular science articles about genetic engineering and synthetic biology, as well as equity, diversity, and inclusion in the sciences. His work has been published in magazines like Slate, Salon and Nature. He is also a member of the Early Career Advisory Group at eLife and is a vocal advocate for reform in scholarly publishing.

Portraits von Dr. Lena Eckert (links) und Dr. Sarah Czerney (rechts)

Mutterschaft und Wissenschaft zwischen Kindern, Care und Krise - Lesung und Diskussion zur (Un-)Vereinbarkeit von Mutterbild und wissenschaftlicher Tätigkeit

Dr. Sarah Czerney & Dr. Lena Eckert (Netzwerk Mutterschaft und Wissenschaft)

Die Corona-Pandemie lässt deutlich zu Tage treten, was auch vorher schon sichtbar war: Von Geschlechtergerechtigkeit sind wir weit entfernt. Das gilt sowohl für die Gesellschaft als auch für die Wissenschaft. Während des Erscheinens des Buches „Mutterschaft und Wissenschaft. Die (Un-)Vereinbarkeit von Mutterbild und wissenschaftlicher Tätigkeit“ (2020) von Sarah Czerney, Lena Eckert und Silke Martin müssen die Autorinnen erleben, dass die Auswirkungen von COVID-19 vor allem auf den Schultern von Müttern* ausgetragen werden. Sie sind es, die sich freistellen lassen müssen, unbezahlten Urlaub nehmen oder sogar ihre Jobs verlieren, um ihre Kinder während der Schul- und Kitaschließungen zu betreuen.

Auch in der Wissenschaft macht sich dieser Gender Care Gap oder Corona Gap bemerkbar: Während Wissenschaftler seit Beginn der Pandemie überdurchschnittlich viel publizieren, sind die Publikationen von Mütter*_Wissenschaftlerinnen stark zurückgegangen. Das gilt ebenso für die Einwerbung von Drittmitteln, die Entwicklung neuer Forschungsprojekte und den Besuch von Konferenzen.

Um auf die Verschärfung dieser Situation während der Pandemie zu reagieren, haben die Herausgeberinnen 2022 ein zweites Buch veröffentlicht: „Mutterschaft und Wissenschaft in der Pandemie. (Un-)Vereinbarkeit zwischen Kindern, Care und Krise“ (Barbara Budrich). Hier werden verschiedenste Erfahrungen von Müttern* und Menschen, die sich mit Mutterschaft beschäftigen, in der Wissenschaft während der Pandemie gesammelt und ein Manifest vorgestellt, in dem Forderungen an den deutschen Wissenschaftsbetrieb formuliert werden.

In der Lesung werden Dr. Sarah Czerney und Dr. Lena Eckert mit Leseproben einen Einblick in die Bücher geben, um das Spannungsfeld zwischen Mutterschaft und Wissenschaft in einer anschließenden Diskussion auszuloten.

Sarah Czerney, Dr. phil., arbeitet derzeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Gleichstellungsprojekt FEM POWER am Leibniz-Institut für Neurobiologie in Magdeburg. Sie hat Europäische Medienkultur studiert und 2018 an der Goethe-Universität Frankfurt/M. promoviert. Neben der praktischen Gleichstellungsarbeit liegen ihre Schwerpunkte auf feministischer Theorie und Wissenschaftskritik, Mutterschaft und Wissenschaft sowie gleichberechtigter Eltern- und feministischer Mutterschaft. Sie hat zwei Söhne und lebt mit ihrer Familie in Magdeburg.

Lena Eckert, Dr. phil. ist Genderwissenschaftlerin sowie Schreib- und Bildungsforscherin. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin und arbeitet als akademische Mitarbeiterin am Zentrum für Lehre und Lernen der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt Oder. Ihre Forschung konzentriert sich auf die Kritik von Macht- und Herrschaftsverhältnissen in Hochschule und Gesellschaft. Sie ist insbesondere interessiert an der Strukturierung von Gesellschaft und Wahrnehmung durch Geschlecht und andere Differenzkategorien und sucht nach emanzipativen Strategien im Wissenschaftsbetrieb. Sie publiziert international zu interdisziplinären, medien- und bildungswissenschaftlichen Themen der kritischen Gender Studies und versucht immer wieder Aktivismus, Kunst und Wissenschaft zusammenzubringen.

Das Netzwerk Mutterschaft und Wissenschaft haben die beiden gegründet, um all jenen ein Forum zu bieten, die sich als Mutter identifizieren und im Wissenschaftsbetrieb arbeiten, um sich auszutauschen, zu vernetzen, sich gegenseitig zu unterstützen und zu informieren. Das Netzwerk dient dazu, uns gegenseitig stark und sichtbar zu machen. Wir wollen uns von den lebensfeindlichen, ungesunden und wettbewerbsorientierten Strukturen des derzeitigen Wissenschaftsbetriebs nicht unterkriegen lassen! Die Problematiken, die sich mit den Themen Mutterschaft und Wissenschaft auftun, betreffen nicht nur Mütter. Sie gehen alle an, denn Care-Arbeit ist die Grundlage der Gesellschaft und jedes menschlichen Zusammenlebens und -arbeitens. Deshalb sind wir ebenso ein Netzwerk für Verbündete und Alliierte. Wir sind ein Forum für diejenigen, die eine strukturelle Veränderung des Wissenschaftsbetriebes für notwendig halten.

Portrait von Dr. Nicole Meier

„O" wie only woman: „Wieder mal die einzige Frau im Raum?"

Dr. Nicole Meier (BASF SE)

Egal auf welche Besprechung ich gehe, in welchem Projekt ich mitarbeite – ich bin meist die einzige Frau. Frauen sind in technischen Rollen weiterhin stark unterrepräsentiert. LeanIn und McKinsey schreiben, dass „only women" viel häufiger Nachweise für ihre Kompetenz liefern müssen, dass ihre Expertise viel häufiger hinterfragt wird(, sogar im eigenen Fachgebiet,) und dass sie viel häufiger nicht-professionell angesprochen werden.

Ich werde Euch – amüsant charmant – über die alltäglichen Herausforderungen und Stolpersteine einer Frau in Produktion und Technik berichten.

Dr. Nicole Meier ist „Head of Construction Support Services“ bei der BASF SE. Sie führt die Montagezusatzgewerke wie Gerüstbau, Dämmung, Korrosionsschutz, Krane, Schwermontage, usw. und verantwortet disziplinarisch über 150 Mitarbeiter*innen.

Die ausgebildete Chemielaborantin und promovierte Chemikerin startete 2006 in der Polymerforschung der BASF als Laborteamleiterin. Bereits 2008 wurde sie zusätzlich Implementierungsmanagerin in einem großen Change Projekt. 2009 wurde sie stellvertretende Betriebsleiterin in einem Produktionsbetrieb für Tenside und 2010 Mutter. Nach dem Mutterschutz kehrte sie sofort zurück und die Elternzeit für die gemeinsame Tochter übernahm der Partner. 2013 wurde sie Auditorin für Anlagensicherheit, Arbeitsschutz und Umweltschutz (Responsible Care) und bekam dort einen großen Überblick über die Produktionsstandorte der BASF weltweit. 2016 bis 2022 war Nicole Betriebsleiterin eines Produktions- und Logistikbetriebes für die Herstellung von Riech- und Aromastoffen bei der BASF.

In ihrer Freizeit setzt sie sich dafür ein, dass sich mehr Mädchen für MINT interessieren, dass mehr Frauen in MINT in Führung gehen und dass weniger Frauen die MINT Berufe wieder verlassen. Sie ist Mentorin und Begründerin des Netzwerkes „WIP„ (women in production) in der BASF. Seit 2019 ist sie „certified female Speaker“ und bringt das Thema Führungsfrau in MINT Berufen in die Öffentlichkeit und Presse.

Portrait von Christoph Trüper
Bild: Christoph Trüper

(Barriere-)Frei forschen lernen?! Wege wissenschaftlicher Teilhabe bei gesundheitlicher Beeinträchtigung und Behinderung

Christoph Trüper

Gesundheitliche Beeinträchtigungen und Behinderungen sind im Hochschulgeschehen kein seltenes, aber ein zu selten adäquat angesprochenes Thema. Es umspannt ein breites Spektrum an körperlichen und psychischen Problemen. Strukturell zeigt sich eine Problematik an der Schnittstelle zwischen gesundheitlichen und gesellschaftlichen Bedingungen und der je individuellen Persönlichkeitsentwicklung. Der Kurzvortrag ermöglicht einen ersten Einblick in das Thema und typische Unterstützungsleistungen seitens der Hochschulen, damit ein selbstbestimmtes Studieren angesichts beeinträchtigungsbedingter Probleme gut gelingt. Wissenschaftstheoretische und politische Kontexte werden dabei mit betrachtet, um die Frage aufzuwerfen: Was konstituiert einen fundierten Beitrag einer selbstverantwortlich agierenden, „behinderten“ Fachperson zur Wissenschaft?

Christoph Trüper, geboren 1983, studierte Kulturwissenschaften in Augsburg und Passau (B.A. 2008) und Philosophie in Regensburg und Münster (M.A. 2014). Er engagiert sich seit über fünf Jahren beruflich für mehr Barrierefreiheit an hessischen Hochschulen und ist aktuell Referent für Inklusion an der Goethe-Universität Frankfurt. Fragend und forschend arbeitet er nebenberuflich an verschiedenen Themen der Ethik, darunter adäquat unterstützte Autonomie für Kinder und andere Personen, sowie zu Aspekten (digitaler) Kultur. Eine angeborene Mobilitätsbehinderung prägt sein Leben. Projektwebsite:

Christoph Trüper, geboren 1983, studierte Kulturwissenschaften in Augsburg und Passau (B.A. 2008) und Philosophie in Regensburg und Münster (M.A. 2014). Er engagiert sich seit über fünf Jahren beruflich für mehr Barrierefreiheit an hessischen Hochschulen und ist aktuell Referent für Inklusion an der Goethe-Universität Frankfurt. Fragend und forschend arbeitet er nebenberuflich an verschiedenen Themen der Ethik, darunter adäquat unterstützte Autonomie für Kinder und andere Personen, sowie zu Aspekten (digitaler) Kultur. Eine angeborene Mobilitätsbehinderung prägt sein Leben. Projektwebsite: www.text-traeger.info.

Portrait von Dr. Lukas Guggolz
Bild: Jochen Mogk

Auf vier Rädern im Praktikumssaal – Chemiestudium im Rollstuhl

Dr. Lukas Guggolz

Kann man als Rollstuhlfahrer mit nur sehr limitierter Mobilität in Armen und Beinen, trotz all der praktischen Arbeiten, erfolgreich ein naturwissenschaftliches Studium absolvieren? Ja, das geht! Wie möchte ich in diesem Vortrag anhand meines eigenen Werdegangs darlegen. Dabei gehe ich auf Besonderheiten und Anpassungen (für mich und die Universität) ein, wie z. B. Sonderregelungen in Praktika und bei Klausuren.

Lukas Guggolz (geb. 1985) studierte Chemie an der Philipps-Universität Marburg und verfasste seine Diplomarbeit an der Goethe-Universität Frankfurt. Zurück in Marburg, promovierte er 2019 in der Arbeitsgruppe von Prof. Stefanie Dehnen und schloss dort auch eine Postdoc-Stelle an. Seit Oktober 2022 ist er als Akademischer Mitarbeiter am Institute of Nanotechnology des KIT in Karlsruhe tätig. Als Computerchemiker forscht er zu anorganischen Cluster-Verbindungen.

Portrait von Dr. Lisa Pecher

Queereinstieg ins Publishing: Wie Journale LGBTIQ+-Wissenschaftler*innen unterstützen

Dr. Lisa Pecher

Eine Karriere in der Wissenschaft ist an sich schon eine große Herausforderung, für Wissenschaftler*innen aus dem LGBTIQ+-Spektrum sind oft noch zusätzliche Hindernisse vorhanden. Das führt dazu, dass diese Personengruppe in der Wissenschaftscommunity deutlich unterrepräsentiert ist. Fachzeitschriften können dazu beitragen, diesem Ungleichgewicht gegenzusteuern, indem sie die Sichtbarkeit von LGBTIQ+-Wissenschaftler*innen erhöhen, sie in die redaktionelle Arbeit einbinden und auf diese Personen zugeschnittene Richtlinien schaffen, wie z. B. die seit Ende 2020 mögliche nachträgliche Änderung des Namens von trans* Personen auf publizierten Artikeln. In diesem Vortrag wird Dr. Lisa Pecher über ihre eigenen Erfahrungen als trans Wissenschaftlerin berichten und Gleichstellungs- sowie Inklusionsmaßnahmen der Chemie-Journale vom Verlag Wiley-VCH vorstellen, in die sie involviert war.

Dr. Lisa Pecher ist Senior Associate Editor beim Chemie-Journal Angewandte Chemie. Neben ihrer Haupttätigkeit, dem Handling von eingereichten Manuskripten, leitet sie zudem die Arbeitsgruppe „Diversity, Equity, and Inclusion“ der von Wiley-VCH publizierten Chemie-Journale. Lisa hat in Göttingen Chemie studiert und in Marburg eine Promotion im Fachgebiet Theoretische Chemie abgeschlossen. Zudem gehört sie dem LGBTIQ+-Spektrum an und engagiert sich dafür, dass LGBTIQ+-Wissenschaftler*innen Sichtbarkeit und Gehör finden. In der Vergangenheit hat Lisa ehrenamtlich queere Jugendgruppen in Marburg und Mannheim betreut.

Portrait von Franziska Sattler mit Kaffeetasse und Plastikdino in der Hand vor einer moosbewachsenen Wand

(Un-)Sichtbarkeit von Queeren Personen in MINT und Folgen für die Forschung

Franziska Sattler

Während ihres Vortrags spricht Franziska Sattler (sie/ihr) über die (Un-)Sichtbarkeit von LGBTQA+-Personen im MINT-Bereich. Menschen, die sich als LGBTQA+ identifizieren, werden in ähnlicher Weise wie Frauen und Forschende aus ethnischen Minderheiten aus der wissenschaftlichen Pipeline verdrängt. Queere Personen, die weiterhin in der Forschung tätig sind, berichten über mehr negative Erfahrungen am Arbeitsplatz als ihre Kolleg*innen in anderen Branchen oder als Nicht-LGBTQA+-Wissenschaftler*innen. Franziska wird über derzeitigen Bedingungen für Queere Personen in der Wissenschaft reden, was wir tun können, um sie zu unterstützen und wie ein inklusives Arbeitsumfeld die Forschung verbessert.

Franziska Sattler (sie/ihr) ist Wirbeltierpaläontologin und Absolventin der Evolutionsbiologie an der Freien Universität Berlin. In der Vergangenheit hat sie an Dinosaurierzähnen gearbeitet, bis sie sich als freiberufliche Wissenschaftskommunikatorin selbstständig machte. Seit sie denken kann, hat sie eine Leidenschaft für Wissenschaft, Lehre und internationale Beziehungen. Sie ist seit mehreren Jahren aktiv bei Pint of Science, Soapbox Science in Deutschland, Science Borealis Canada und ist ein Kernteam-Mitglied von LGBTQ STEM Berlin. Franziska identifiziert sich als bisexuell und ihr liegt viel daran, die Akzeptanz von queeren Forschenden zu fördern.

Wenn sie nicht gerade über Themen twittert, die ihr am Herzen liegen, ist sie wahrscheinlich damit beschäftigt, ihr nächstes Reiseabenteuer zu planen, sich für LGBTQ+ Rechte in der Wissenschaft einzusetzen oder irgendwo in einem Café ein Buch zu lesen.

zu: Website, Twitter Instagram

Portrait von Katja Wolter

Chancen von Netzwerken

Katja Wolter

In diesem Vortrag möchte ich gute Impulse zu diesen Fragen geben:

  • Wie können Netzwerke den nächsten Karriereschritt unterstützen?
  • Muss man überall dabei sein oder auf was sollte man sich konzentrieren?
  • Wie wichtig sind die digitalen Profile und für welche Unterstützungsziele des Netzwerkens kann man sie sinnvoll einsetzen?

Katja Wolter studierte Wirtschaftswissenschaften in Stralsund und Liverpool (England). Sie arbeitete im Controlling eines internationalen Baustoffherstellers in Frankfurt am Main, anschließend für die ARD in Berlin und später als Director of Finance and Controlling für die Deutsche Entertainment AG in  Berlin.  Seit  2013  leitet  sie  das  Steinbeis-Forschungszentrum  –  Institut  für  Ressourcen-Entwicklung in Greifswald. Sie ist im Wissenschaftscoaching tätig und berät Organisationen zur Strategie- und Teamentwicklung. Daneben ist sie in der Politikberatung aktiv. Seit 2019 ist sie Mitglied des Aufsichtsrats der Stadtwerke Greifswald.

Logo von Arbeiterkind.de

Sozialen Ausgleich schaffen durch Vernetzung

ArbeiterKind.de

Florian Kobuß, Mitarbeiter von ArbeiterKind.de in Hessen, möchte in diesem Vortrag

  • die Diskriminierung von Nicht-Akademiker*innen anhand von Zahlen aufzeigen,
  • ArbeiterKind.de vorstellen und erklären, wie das Netzwerk hilft, sich gegenseitig zu unterstützen.

Die Bildungslaufbahn ist in Deutschland immer noch eng mit dem Elternhaus verknüpft. Die gemeinnützige Organisation ArbeiterKind.de ermutigt Schüler*innen aus Familien ohne Hochschulerfahrung, als Erste in ihrer Familie zu studieren. Bundesweit engagieren sich über 6.000 Ehrenamtliche in 80 lokalen ArbeiterKind.de-Gruppen, um Schüler*innen über die Möglichkeit eines Studiums zu informieren und sie auf ihrem Weg vom Studieneinstieg bis zum erfolgreichen Studienabschluss und Berufseinstieg zu unterstützen.

Infotelefon: 030-679 672 750 (Mo-Do von 13:00 bis 18:30 Uhr

Portrait von Jun.-Prof. Dr. Amrei Bahr

#IchBinHanna geht uns alle an: Wie prekäre Arbeit in der deutschen Wissenschaft Beschäftigten, Lehre und Forschung schadet

Jun.-Prof. Dr. Amrei Bahr

Seit #IchBinHanna ist es ein viel diskutiertes Dauerthema: Berufliche Unsicherheit prägt das Leben der meisten Wissenschaftler*innen in Deutschland. 92 % der unter 45-jährigen Wissenschaftler*innen ohne Professur leiden unter Kettenbefristungen und Perspektivlosigkeit. Was sind die Folgen für die Wissenschaftler*innen — sowie für Forschung und Lehre, die in wesentlichen Teilen von ihnen gestaltet und getragen werden? Und was lässt sich gegen die tiefgreifenden strukturellen Probleme des deutschen Wissenschaftssystems tun, die diese Folgen hervorbringen und deren gesamtgesellschaftliche Relevanz insofern kaum überschätzt werden kann? Der Vortrag gibt Antworten auf diese Fragen.

Jun.-Prof. Dr. Amrei Bahr ist Juniorprofessorin für Philosophie der Technik und Information an der Universität Stuttgart. Gemeinsam mit PD Dr. Kristin Eichhorn und Dr. Sebastian Kubon hat sie 2021 die Initiative #IchBinHanna initiiert. Eine Streitschrift zur Initiative aus der Feder der drei Initiator*innen ist dieses Jahr im Suhrkamp-Verlag erschienen.

Portrait von Dr. Anne Schreiter
Bild: Matthias Piket

Become the Captain of your Life – Wie Wissenschaftler*innen angesichts eines defizitären Systems ihre Karriere gestalten können

Dr. Anne Schreiter (German Scholars Organization)

Wissenschaftler*innen in der „Bottleneck“-Phase sind ganz besonders stark mit Problemen im Wissenschaftssystem konfrontiert, das illustriert u. a. die #IchbinHanna-Debatte. Die Folgen können von Frustration über private Einschränkungen bis hin zu Mental Health Problemen reichen. Veränderungen im System sind daher dringend notwendig. Doch was kann ich tun, wenn ich individuell und ganz akut von negativen Effekten betroffen bin? Wie kann ich mich für Veränderungen einsetzen und dabei gleichzeitig meine persönliche Situation verbessern? Der Input gibt erste Denkanstöße und lädt ein, über Strategien und Haltung (junger) Forschender zu diskutieren.

Anne ist seit 2016 Geschäftsführerin der German Scholars Organization (GSO). Der gemeinnützige Verein berät, vernetzt und fördert Wissenschaftler*innen, die eine Karriere in Deutschland verfolgen möchten – in der Wissenschaft oder in anderen Sektoren. Sie hat in Berlin Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und in Nanjing chinesische Sprache und Kultur studiert. Nach ihrer Promotion in Organisationssoziologie an der Universität St. Gallen hat sie ein Jahr an der UC Berkeley geforscht und dort die entscheidende Karrierefrage gestellt bekommen. Anne engagiert sich in Advisory Boards für die Planck-Academy, den Science Blog Elephant in the Lab und das Netzwerk Wissenschaftsmanagement.

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Portrait von Julia Beitner
Bild: Dominik Buschardt

Publish or perish – Wie Publikationsdruck der Wissenschaft schadet

Julia Beitner (ReproducibiliTea)

Schon früh bekommen Nachwuchswissenschaftler*innen in ihrer Karriere zu hören, dass sie viele Paper in high-impact Journals publizieren müssen, um überhaupt eine Chance auf eine Karriere in der Wissenschaft zu haben. Aber welche Konsequenzen hat das für die Qualität wissenschaftlicher Forschungsergebnisse? In diesem Vortrag werde ich zeigen, inwiefern Publikationsdruck und das Anreizsystem der empirischen Wissenschaften mit fragwürdigen Forschungsmethoden und der Replikationskrise zusammenhängen und welche Rolle Open Science dabei als Lösung spielen kann.

Julia Beitner hat in Frankfurt und Amsterdam Psychologie studiert. Seit 2018 promoviert sie in der Kognitionspsychologie an der Goethe Universität zu der Fragestellung, ob sich klassische Befunde zur visuellen Suche in Virtual Reality replizieren lassen. Nebenbei leitet sie seit 2018 ehrenamtlich die Frankfurter Open Science Initiative. Gemeinsam mit Elli Zey gründete sie 2019 den ReproducibiliTea Journal Club in Frankfurt, der sich intensiv mit Themen guter wissenschaftlicher Praxis auseinandersetzt. Seit Juli 2022 arbeitet Julia in der Abteilung „Psychologische Methoden mit interdisziplinärer Ausrichtung“ daran, lokale Infrastrukturen für Open Science für Studierende der Psychologie aufzubauen, um so Hindernisse und Hürden beim Erlernen von offenen Praktiken abzubauen.

Portrait von Harald Holzer

Einführung in die Gründung eines Start-ups

Harald Holzer (HIGHEST@TU Darmstadt)

Der Vortrag gibt erste Antworten auf wichtige Fragen im Rahmen der Gründung eines Start-ups: Was mache ich mit meiner Gründungsidee, wie gründe ich ein Start-up, welche Unterstützungs-, Finanzierungs- und Vernetzungsmöglichkeiten gibt es für Gründer*innen und wie entwickle ich ein erfolgreiches Geschäftsmodell?

Auf was ist bei der Gründung besonders zu achten, wie setzt sich ein perfektes Gründerteam zusammen? Was sind die wichtigsten Dos and Don'ts?

Wie erkenne ich, dass ich eine Gründerpersönlichkeit bin, wann sollte ich gründen, wann eher nicht?

Harald Holzer ist an der TU Darmstadt Leiter Forschungstransfer und Geschäftsführer von HIGHEST, dem Innovations- und Gründungszentrum. Er studierte am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Elektrotechnik und kennt die Untiefen und Unwägbarkeiten einer Unternehmensgründung aus eigener Erfahrung.

Der Diplomingenieur ist erfolgreicher Unternehmensgründer von mehreren Start-ups, leidenschaftlicher Unternehmer und Innovator. Vor seiner ersten Start-up Gründung war er in der Unternehmensberatung und als Interimsmanager während und nach der Liberalisierung der Telekommunikation und als Projektleiter großer Public Private Partnership Projekte auf der Wirtschaftsseite tätig.

Seine Erfahrung als Gründer, Erfinder, CEO und Business Angel will Harald Holzer an die neue Generation von Innovator*innen und Gründer*innen weitergeben und bietet mit seinem HIGHEST-Team umfangreiche und hochwertige Unterstützungsleistungen.

Er möchte mit seinem Wirken einen Beitrag dazu leisten, dass Deutschland und Europa relevante Innovationen hervorbringen, damit wettbewerbsfähig bleiben und Arbeitsplätze sowie Wohlstand sichern.

Portrait von Dr. Renate Weisse
Bild: Michel Buchmann, Berlin

Strategien zum Schutz von geistigem Eigentum

Dr. Renate Weisse

Der Schutz geistigen Eigentums ist besonders für Start-Ups wichtig. Auch Investor*innen achten darauf, dass das geistige Eigentum geschützt ist. Was können Unternehmer*innen konkret tun, um ihr geistiges Eigentum gegen Nachahmung zu schützen? Woran erkennt man schutzfähige Assets? In der Veranstaltung werden diese Fragen beantwortet und Strategien zum Umgang mit Intellectual Property vorgestellt.

Dr. Renate Weisse ist Physikerin und Patentanwältin mit eigener Kanzlei in Berlin. Sie vertritt in dritter Generation nationale und internationale Mandant*innen vor Patent- und Markenämtern und Gerichten in allen Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes. Neben der Anmeldung und Vertretung von Patenten ist sie auch in Marken- und Designangelegenheiten tätig und betreut eine große Vielfalt von Start-Ups und mittelständischen Unternehmen bei der Frage, ob und wann Schutzrechte angemeldet werden sollten. Sie hält als Dozentin an der Berliner Hochschule für Technik Vorlesungen über gewerblichen Rechtsschutz, informiert zum Girls-Day und bei Ausbildungsmessen als Role Model junge Mädchen über den Beruf der Patentanwältin und hält regelmäßig Vorträge in Hochschulen, Betrieben und Forschungsinstituten. Als Expertin im Rechtsausschuss des Bundestages hat sie das Gesetzgebungsverfahren zur Modernisierung des Patentrechts begleitet. Sie lebt in Potsdam und hat drei Kinder.