Lawinen und Kunststoffe besser verstehen

Dr. Hans Messer Stiftungspreis würdigt zwei Forschende der TU Darmstadt

24.11.2023 von

Die Chemikerin Dr. Kristina Zentel und der Maschinenbau-Ingenieur Dr.-Ing. Philipp Rosendahl von der TU Darmstadt erhalten den Dr. Hans Messer Stiftungspreis 2023, der mit jeweils 50.000 Euro dotiert ist. Zentel will die Kunststoffherstellung nachhaltiger gestalten, Rosendahl entwickelt Modelle für die Lawinenvorhersage.

Der diesjährige Dr. Hans Messer Stiftungspreis würdigt zwei Forschende, die auf ganz unterschiedlichen Gebieten Experimente und Modellrechnungen kombinieren. Dr. Kristina Zentel (32), Habilitandin am Ernst-Berl-Institut für Technische und Makromolekulare Chemie der TU Darmstadt, erforscht Prozesse einer nachhaltigeren Kunststoffherstellung. Dr.-Ing. Philipp Rosendahl (34), Post-Doktorand am Institut für Statik und Konstruktion der TU, analysiert Schnee und entwickelt Modelle für die Lawinenvorhersage. Sowohl Zentel als auch Rosendahl entschlüsseln grundlegende Phänomene, um daraus praktische Anwendungen abzuleiten.

„Wir werden auch zukünftig nicht auf Kunststoffe verzichten können, deshalb muss ihre Herstellung nachhaltiger werden“, sagt Zentel. Die von ihr entworfenen neuartigen Prozesse der Kunststoffherstellung laufen bei niedrigeren Temperaturen und Drücken ab als etablierte Verfahren, außerdem in Wasser als grünem Lösungsmittel und mit ungewöhnlichen Ausgangssubstanzen. Im ständigen Wechselspiel aus Laborexperimenten und Modellrechnungen am Computer optimiert Zentel die Prozessparameter und stimmt sie auf die Eigenschaften der Kunststoffe ab. Ihre Forschung ist anwendungsnah, denn Zentel beschäftigt sich vorrangig mit Massenkunststoffen wie Polyethylen und kooperiert mit der Chemieindustrie.

Von praktischer Bedeutung sind auch Rosendahls Arbeiten zu sogenannten Antirissen im Schnee. Solche Risse, die schon eine einzige Person zum Beispiel beim Skifahren auslösen kann, breiten sich im schlimmsten Fall in Sekundenschnelle über einen ganzen Hang aus und führen zu mächtigen Schneebrettlawinen. Eine von Rosendahl entwickelte Open-source-Software macht solche Lawinen vorhersagbar. „Wir untersuchen Schnee wie einen Konstruktionswerkstoff und ermitteln Kenngrößen, die in unser mathematisches Modell einfließen“, erklärt Rosendahl. Um sein Vorhersage-Tool weiter zu verbessern, führt er sowohl Laborversuche mit gezüchteten Schneeproben sowie Feldversuche mit echtem Schnee durch.

Zentel und Rosendahl haben an der TU Darmstadt studiert, hier ihre Doktorarbeiten angefertigt und leiten jetzt jeweils eigene Forschungsgruppen an der TU. Beide werden den überwiegenden Teil des Preisgeldes in neue Geräte investieren. Zentel möchte eine Hochdruckpumpe und ein Analysensystem anschaffen, das die Größe von Kunststoffpartikeln per Lichtstreuung bestimmt. Rosendahl wird eine von seinem Team entworfene tragbare Apparatur bauen, die gleichzeitig Druck- und Scherbelastungen in Schneeproben bestimmt.

Dr. Kristina Zentel im Porträt

Die Auszeichnung

Der mit 50.000 Euro dotierte Preis der Dr. Hans Messer Stiftung wird jährlich verliehen. Er fördert die Forschung und Lehre von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern an der TU Darmstadt. Gewürdigt werden herausragende Leistungen in den Naturwissenschaften, Ingenieurwissenschaften sowie Wirtschafts-, Sozial und Geisteswissenschaften.

Die Dr. Hans Messer Stiftung fördert bundesweit Aus- und Weiterbildung sowie Wissenschaft und Forschung. Die Stiftung wurde von Dr. Hans Messer, 25 Jahre nach dem Tod seines Vaters Adolf Messer (1878-1954), im Jahr 1978 ins Leben gerufen und ist seit 1979 als gemeinnützige Stiftung anerkannt. Unter dem Vorsitz von Dr. Hans Messer wurde auch der Stiftungspreis an der TU Darmstadt ins Leben gerufen.