Wenn die Chemie stimmt

TU-Alumna Doris Krumpholz im Porträt

2023/07/14 von

Doris Krumpholz wusste schon in ihrer ersten Praktikumsstunde vor der Klasse, dass sie am richtigen Platz war. Die Alumna ist Lehrerin aus Leidenschaft und nach fast vier Jahrzehnten an ihre alte Schule, die katholische Edith-Stein-Schule, zurückgekehrt – als Direktorin. An der TU Darmstadt hat die 51-Jährige Chemie und Biologie studiert. Mit viel Enthusiasmus, weil sie sich auch im Studium gleich am richtigen Platz fühlte.

TU-Alumna Doris Krumpholz
TU-Alumna Doris Krumpholz

Kinder, der Geruch nach Kreide und Tafelschaum, Doris Krumpholz kann sich nichts Besseres vorstellen. „Der Lehrberuf ist toll, wenn man die Kinder gut erreicht und für sein Fach brennt“, erzählt sie. Daran besteht bei ihr kein Zweifel. „Es braucht Leidenschaft und wenigstens die Lehrerin sollte begeistert sein“, lacht sie. Humor scheint ebenso wichtig zu sein. Viel Zeit für den Unterricht bleibt ihr allerdings derzeit nicht. Seit drei Jahren ist Doris Krumpholz Direktorin der Edith-Stein-Schule, ein Gymnasium in katholischer Trägerschaft in Darmstadt. Acht Stunden die Woche hat sie sich trotz vieler administrativer Aufgaben dennoch freigehalten, leitet und unterrichtet eine zehnte Klasse in Biologie und Chemie.

Experimente sind nur das Sahnehäubchen

„Kinder für Biologie zu gewinnen, ist einfach, weil es sehr lebensnah ist. Jedes Kind kennt Pflanzen oder hat schon mal ein Haustier besessen“, findet sie. Für das Fach Chemie zu begeistern, sei dagegen schwieriger, obwohl die Experimente Spaß machen. Dabei ist Doris Krumpholz wichtig, „dass die Kinder begreifen, dass es nicht nur knallt und stinkt. Das ist nur das Sahnehäubchen“. Die Alumna hat an der TU Darmstadt Biologie und Chemie auf Lehramt studiert. Chemie war ihr „Liebling“. Das Fach hat sie schon im Studium als „unfassbar klar und logisch“ erlebt. Das will sie heute auch ihren Schülerinnen und Schülern vermitteln.

Als Lehrerin möchte Doris Krumpholz die Jugendlichen bei „ihrer Begeisterung fürs Leben abholen.“ So engagiert und freundlich wie sie klingt, scheint ihr das nicht schwer zu fallen. Vielleicht weil sie gute Lehrer hatte. Sie erinnert sich noch immer gerne an ihren früheren, inzwischen emeritierten Professor für anorganische Chemie an der TU, Horst Elias. „Er war ein toller Didaktiker und hat tolle Vorlesungen gehalten“, sagt sie. Als sie selbst schon unterrichtete, hat sie ihm das mal geschrieben. „Er hat sogar geantwortet“, freut sie sich.

Ich würde jederzeit wieder Chemie studieren.

Doris Ludwig, wie sie mit Mädchennamen hieß, ist gebürtige Darmstädterin. Als „Heinerin“ bodenständig und verwurzelt. Sie wollte nach dem Abi in der Stadt bleiben, Lehramt studieren und eine Familie gründen. „Ich hatte die naive Vorstellung, als Lehrerin ab Mittag frei zu haben“, sagt sie und lacht herzlich. Sie stammt aus einer Akademikerfamilie, wuchs mit vier Geschwistern auf. Ihre Mutter, Eva Ludwig, war ebenfalls Lehrerin – bevor sie als Politikerin in Darmstadt und später als Abgeordnete in den hessischen Landtag einzog. Naturwissenschaften an der TU Darmstadt zu studieren, war für Doris Krumpholz erste Wahl. „Die TU hatte viele Labore, war gut organisiert.“

Sie kann sich nicht daran erinnern, mal keinen Platz in Wahl- und Pflichtkursen bekommen zu haben. „Wenn es zu voll war, gab es eben einen zweiten Kurs.“ Studium und Kommiliton:innen sind ihr in guter Erinnerung geblieben. „Ich würde jederzeit wieder Chemie studieren“, sagt sie im Rückblick. Sehr geholfen habe ihr damals ihr Wissen aus ihren Schulleistungskursen Mathematik und Englisch. Strukturiertes Denken und Fremdsprachen-Kenntnisse seien im Studium extrem hilfreich gewesen, sagt sie.

Die TU hatte viele Labore, war gut organisiert.

„Die Edith-Stein-Schule hat mir ein breites Wissen vermittelt“, lobt sie ihre alte Schule. Hätte sie sich vorstellen können, dorthin jemals als Leiterin zurückzukehren? Geplant war das nicht, sagt die TU-Alumna. Nach dem Studium landete sie im Referendariat zunächst am Darmstädter Ludwig-Georgs-Gymnasium. Weil es zu der Zeit – anders als heute – keine Stellen gab, wechselte sie danach mit Kurzzeit-Verträgen mehrfach die Schulen. So war sie Vertretungslehrerin am Beruflichen Gymnasium in Dieburg, an der Niebergall-Förderschule in Darmstadt, der Ernst-Reuter-Schule in Groß-Umstadt, dem Gymnasium in Griesheim und für neun Jahre wiederum am Ludwig-Georgs-Gymnasium, wo sie sich sehr wohl fühlte. Sie nennt das ihre „Lehr- und Wanderjahre“, bei denen sich ihr pädagogischer Blick weitete. Doch nicht nur das. Unterdessen hat sie selbst drei Kinder, von denen die Älteste bereits studiert. „Seit ich eigene Kinder im Schulsystem habe, kann ich die Not der Eltern besser verstehen. Ich habe mehr Verständnis und finde andere Sichtweisen sehr erhellend.“

Chefin zu sein, fühlte sich zu keiner Sekunde komisch an

Doch irgendwie kreiste vieles in ihrem Leben um die Schule, in der sie selbst zur Schule ging. Ihr Mann war dort ebenfalls Lehrer, ihre jüngste Tochter wurde hier eingeschult. Bei der Verabschiedung des langjährigen Schulleiters war Doris Krumpholz ebenfalls zugegen und plötzlich dachte sie intuitiv: Vielleicht wäre eine Rückkehr doch gut. „Die Leitung einer freien Schule ist anders“, sagt sie. Die Edith-Stein-Schule ist eine freie Schule in katholischer Trägerschaft der Stiftung Edith-Stein-Schule. Krumpholz ist Schuldirektorin und Vorstand der Edith-Stein-Schulstiftung. Sie hat zwei Berufe in einem, muss nicht nur Schulalltag und Administration stemmen, sondern sich auch um Haushalts- und Baufragen kümmern. „Doch ich habe eine tolle Verwaltung, ein gutes Team und ein engagiertes Kollegium“, schwärmt sie. „Und zum Glück kann ich ja gut rechnen“, scherzt Krumpholz.

Es habe sich „zu keiner Sekunde komisch angefühlt“ plötzlich die Chefin von Lehrerinnen und Lehrern zu sein, von denen sie selbst als Jugendliche unterrichtet wurde. Eine Herausforderung war hingegen, dass sie die Schulleitung während der Hochzeit der Corona-Pandemie übernahm. „Es gab keine Konzerte, keine Gottesdienste, keine Schulaustausche, nichts von dem, was unsere Schule eigentlich ausmacht.“ Stattdessen musste sie das Chaos organisieren.

Über tausend Schülerinnen und Schüler gehen auf die Privatschule, die zwar in katholischer Trägerschaft ist, aber Jugendliche jeden Glaubens aufnimmt. Jeden Morgen wird gebetet, Gottesdienste und christliche Werte gehören zum Schulalltag. Doris Krumpholz selbst ist vor vielen Jahren als Protestantin zum Katholizismus konvertiert. „Es war der letzte Schritt meines Glaubensweges. Mein Mann ist katholisch, meine Kinder katholisch getauft, wir waren in der Gemeinde aktiv. Das hat sich für mich richtig angefühlt.“ Über ihren Glauben rede sie frei und gern, ohne missionarisch zu sein, betont sie. Nächstenliebe, Mitgefühl, die Menschen sind ihr wichtig. Die Missstände und Probleme der Institution Kirche belasten und beschäftigen natürlich auch sie, dennoch war Austritt nie eine Option. „Die Guten müssen in der Kirche bleiben.“