Naturwissenschaftler:innen in Gesellschaft, Akademie und Industrie - Hürden und Chancen

Die Ringvorlesung NaGAI beschäftigt sich im weiteren Sinne damit, dass Naturwissenschaftler:innen auch (nur) Menschen sind, und wie diese Tatsache ihre Forschung und ihr Zusammenleben und -arbeiten beeinflusst. Sie findet im Wintersemester immer mittwochs, in der Regel von 11:40 Uhr bis 13:10 Uhr statt. Herzlich willkommen sind sowohl Mitglieder der TU Darmstadt als auch Externe!

Das Modul „Naturwissenschaftler:innen in Gesellschaft, Akademie und Industrie – Hürden und Chancen“ (kurz: NaGAI) befasst sich damit, dass Wissenschaft von Menschen gemacht wird, die dem Anspruch der Objektivität nicht immer ohne Weiteres gerecht werden können.

Das beeinflusst

  • die Ergebnisse naturwissenschaftlicher Forschung (Auswahl von Forschungsthemen, Interpretation von Daten, (Nicht-)Publikation bestimmter Ergebnisse, …),
  • die Wege, die Naturwissenschaftler:innen beruflich gehen können (Auswahlprozesse bei Bewerbungen und Beförderungen, mentale Belastung, …),
  • die Art und Weise, in der die Öffentlichkeit Naturwissenschaftler:innen wahrnimmt (Glaubwürdigkeit, Verständlichkeit, …).

Die 2020 geborene Ringvorlesung behandelt daher Themen wie die Wahrnehmung von Naturwissenschaftler:innen in Medien und Gesellschaft, Netzwerken und Gleichstellungsbemühungen in Akademie und Industrie, verschiedene Typen von Kommunikationsverhalten, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Machtmissbrauch und Belästigung, psychische Gesundheit, Unconscious Biases, Diskriminierung, Stereotype und Diversität.

Die eingeladenen Redner:innen haben alle einen wissenschaftlichen Hintergrund aufzuweisen und betätigen sich in den unterschiedlichsten Feldern; von Physik- und Chemie-Professor:innen über Unternehmens- und Karriereberater:innen, Wissenschaftsjournalist:innen und Science Slammern bis hin zu Forschenden im Bereich der Neurowissenschaften und Künstlichen Intelligenz ist alles dabei. Natürlich gibt es neben den Gastvorträgen in jeder Sitzung genug Zeit für Diskussionen mit und Fragen an die Speaker.

Die Vorlesung findet ab dem 20.10.21 mittwochs, in der Regel um 11:40 Uhr statt und wird via Zoom abgehalten. Einbringen können sie alle Studierenden in den Wahlbereichen der Bachelor- und Master-Studiengänge; auf TUCaN findet sich die Veranstaltung unter der Nummer 07-00-0052-vl. Mitschnitte der Veranstaltungen sowie Möglichkeiten zur Diskussion finden Teilnehmer:innen im zugehörigen Moodle-Kurs. Dieser ist ebenfalls zugänglich für Externe, wenn sie sich vor dem Aufrufen des Kurslinks über einen Gast-Account (rechts, bzw. unten auf „Anmelden als Gast“ klicken) einloggen.

Sollten Sie Probleme mit dem Zugang haben, melden Sie sich gern per Mail bei den Verantwortlichen (siehe Schaltfläche „Kontakt“).

Wir freuen uns auf Sie!

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Zum Zoom-Meeting

Meeting ID: 814 5993 3661

Passcode: 877980

Schnelleinwahl mobil: +496950502596,,81459933661#,,,,*877980#

Suche für lokale Einwahlnummer per Telefon: https://tu-darmstadt.zoom.us/u/kc5fNgcQcR

20.10.21, 11:40 – 13:10 Uhr Ethik in den Wissenschaften
  • Dr. Denise Müller-Dum
  • Prof. Dr. em. Kathryn Nixdorff
27.10.21, 11:40 – 13:10 Uhr Science in Society
  • Dr. Jess Wade
03.11.21, 11:40 – 13:10 Uhr Wissenschaftssprachen: Einheitssprache und Sprachpluralität
  • Prof. Dr. phil Olga Rösch & Prof. Dr. med. Ralph Mocikat
10.11.21, 11:40 – 13:10 Uhr Sprache als Werkzeug für Exklusion und Inklusion
  • Dr. Erika Linz
  • Prof. Dr. Anatol Stefanowitsch
17.11.21, 11:40 – 13:10 Uhr Psychische Gesundheit
  • Lara Wieland & Anna-Lena Eckert (Berlin Scholar Minds)
  • Beatrix Heinemann-Gill, Gaby Ruschka, Ursula Lemmertz (Studierendenwerk Darmstadt)
24.11.21, 11:40 – 13:10 Uhr Rollen von Familie & Behinderung im Wissenschaftssystem
  • Dr. Sigrid Arnade
  • Dr. René Krempkow
01.12.21, 11:40 – 13:10 Uhr Hierarchien, Klassismus und Machtmissbrauch
  • Dr. Riccardo Altieri
  • Martin Schrader (N², Helmholtz Juniors)
08.12.21, 11:40 – 13:10 Uhr Rassismus im akademischen Feld
  • Angelo Camufingo
15.12.21, 11:40 – 13:10 Uhr Queer in Science
  • Dr. Clara Barker
12.01.22, 11:40 – 13:10 Uhr Fehlerkultur
  • Salomé Wagner
19.01.22, 11:40 – 13:10 Uhr Finding allies and being an ally
  • Dr. Gabriele Schambach
  • Annika Spahn
26.01.22, 11:40 – 13:10 Uhr Gleichstellung, Quoten & Tokenismus
  • Robert Franken
02.02.22, 11:40 – 13:10 Uhr Wissenschaftliche Karrieren individuell gestalten
  • Prof. Dr. Barbara Rothen-Rutishauser & Prof. Dr. Alke Fink
  • Dr. Neela Enke (Scienza)
09.02.22, 11:40 – 13:10 Uhr Wege in den Beruf
  • Dr. Lisa Steinhauser
  • Katrin Ludwig & Mele Degel
16.02.22, 11:40 – 13:10 Uhr Abschluss
Portrait von Dr. Denise Müller-Dum

Ethik in der Wissenschaft

Dr. Denise Müller-Dum

Portrait von Prof. Dr. em. Kathryn Nixdorff

Ethik der Dual-Use-Forschung. Was ist akzeptierbar?

Prof. Dr. em. Kathryn Nixdorff

Fortschritte in Wissenschaft und Technik sind absolut essentiell. Auf der einen Seite dienen die Entwicklungen in Technologien friedlichen Zwecken wie beispielsweise Forschungen zum Schutz vor Infektionskrankheiten sowie einer Verbesserung der allgemeinen Gesundheit und des Wohlbefindens. Andererseits können aber dieselben Technologien für schädliche Zwecke, wie u. a. für die Entwicklung und Herstellung biologischer Waffen, missbraucht werden. Das ist das Dual-Use-Dilemma. Mit der Corona-Pandemie wurde diese Diskussion sehr aktuell, vor allem im Rahmen der Verschwörungstheorien über mögliche Biowaffen-Forschung an Coronaviren. Die Präsentation beginnt mit einer Diskussion über Dual-Use bzw. Dual-Use Research of Concern (DURC), und geht weiter mit einigen Exemplaren von DURC sowie Kriterien, bei denen solche Forschungen erkannt werden können. Die Präsentation endet mit Beispielen von Bemühungen, einen verantwortungsvollen Umgang mit sicherheitsrelevanten Dual-Use-Forschungen an deutschen Universitäten und anderen Forschungsinstituten zu etablieren.

Kathryn Nixdorff ist Professorin (in Ruhestand) in Mikrobiologie und Genetik an der Technischen Universität Darmstadt. Sie studierte Mikrobiologie und Biochemie an der University of Florida, USA und hat nach der Promotion Forschungen als Alexander-von- Humboldt-Stipendiatin am Max-Planck-Institut für Immunbiologie in Freiburg durchgeführt. Zu ihren Arbeitsschwerpunkten zählen Forschungen über die Regulierung der Wechselwirkung zwischen Mikroorganismen und dem Immunsystem. Sie ist auch Gründungsmitglied der Interdisziplinären Arbeitsgruppe Naturwissenschaft, Technik und Sicherheit (IANUS) an der TUDa, und führt in diesem Rahmen Arbeiten im Bereich der Relevanz der Entwicklungen in den Lebenswissenschaften für Biosecurity durch. Sie war 2013-2014 externe Expertin der Arbeitsgruppe Biosicherheit des Deutschen Ethikrats, der 2014 eine Stellungnahme Biosicherheit – Freiheit und Verantwortung in der Wissenschaft veröffentlichte. 2014-2020 war sie Mitglied des Gemeinsamen Ausschusses zum Umgang mit Sicherheitsrelevanter Forschung der DFG und Leopoldina (Gemeinsamer Ausschuss Dual Use 2). Dieser Ausschuss unterstützt bereits die Umsetzung der entsprechenden Empfehlungen von DFG und Leopoldina (wird in neuem Tab geöffnet) zum Umgang mit sicherheitsrelevanter Forschung an deutschen Universitäten und anderen Forschungsinstituten.

Portrait von Dr. Jess Wade

The role of science and science communication for society

Dr. Jess Wade

The past year has shown how central science is to society; and how crucial scientific literacy will be in the future of our planet. Jess believes scientists have an important role to play in public policy: in communicating their research beyond seminars and technical conferences. Effective science communication can build public trust in research, as well as challenge outdated misconceptions of who actually does science. In this talk, Jess will talk about why who we talk about matters, and our role as scientists in building a more robust and respected scientific community. She’ll also discuss her efforts to increase visibility of scientists from historically marginalised groups on Wikipedia, her research in materials science and nanotechnology, the power of social media for early career researchers and her new picture book ‘Nano, the Spectacular Science of the Very (Very) Small,’.

Dr Jess Wade is an Imperial College Research Fellow working in the Department of Materials at Imperial College London. Her research considers new materials for optoelectronic devices, with a focus on chiral organic semiconductors. She previously worked as a postdoctoral researcher in the Fuchter group at Imperial College London, where she optimised these chiral systems such that they can absorb/emit circularly polarised light as well as transport spin-polarised electrons. For her PhD Jess concentrated on new materials for photovoltaics and the development of advanced characterisation techniques to better understand their molecular packing. Outside of the lab, Jess is involved with several science communication and outreach initiatives. She is committed to improving diversity in science, both online and offline.

Portrait von Prof. Dr. Ralph Mocikat

Nur noch Englisch als Wissenschaftssprache?

Prof. Dr. med. Ralph Mocikat

Die Internationalisierung der Wissenschaftsinstitutionen ist ein strategisches Ziel der Politik. Die deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen begegnen dieser Herausforderung zumeist mit der Einführung der lingua franca Englisch als einziger Sprache auf sämtlichen Ebenen der Kommunikation – bis hin zur gänzlichen Abschaffung landessprachlicher Lehrangebote. Während dem Englischen in der internationalen Wissenschaftskommunikation – so etwa im Publikationswesen in bestimmten Disziplinen – aufgrund seiner Reichweite größte Bedeutung zukommt, muss sein ausschließlicher Gebrauch im Inland im Hinblick auf erkenntnistheoretische, hochschuldidaktische, allgemeingesellschaftliche, gesamtkulturelle sowie integrationspolitische Fragen differenziert diskutiert werden.

Nach dem Studium der Humanmedizin und der Promotion über ein Thema der Steroid-Biochemie begann Ralph Mocikat eine klinische Ausbildung in der Radiologie und Nuklearmedizin. Seit 1983 widmet er sich der experimentellen Forschung im Bereich von Molekularbiologie, Grundlagen-Immunologie und Immun-Onkologie. Im Jahre 1995 habilitierte er sich und erhielt die venia legendi im Fach Immunologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Seit 2007 ist er Erster Vorsitzender des Arbeitskreises Deutsch als Wissenschaftssprache (ADAWIS) e.V., dessen Mitbegründer er war.

Portrait von Prof. Dr. Olga Rösch

Nur noch Englisch als Wissenschaftssprache?

Prof. Dr. phil. Olga Rösch

Die Internationalisierung der Wissenschaftsinstitutionen ist ein strategisches Ziel der Politik. Die deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen begegnen dieser Herausforderung zumeist mit der Einführung der lingua franca Englisch als einziger Sprache auf sämtlichen Ebenen der Kommunikation – bis hin zur gänzlichen Abschaffung landessprachlicher Lehrangebote. Während dem Englischen in der internationalen Wissenschaftskommunikation – so etwa im Publikationswesen in bestimmten Disziplinen – aufgrund seiner Reichweite größte Bedeutung zukommt, muss sein ausschließlicher Gebrauch im Inland im Hinblick auf erkenntnistheoretische, hochschuldidaktische, allgemeingesellschaftliche, gesamtkulturelle sowie integrationspolitische Fragen differenziert diskutiert werden.

Nach dem Studium der Germanistik und Russistik und der Promotion über ein Thema der funktionalen Valenzgrammatik (Gegenwartsdeutsch) an der Humboldt-Universität Berlin qualifizierte sich Olga Rösch auf dem Gebiet der Interkulturellen Kommunikation im Bereich Deutsch als Fremdsprache. Seit 2001 hat sie eine Professur für Interkulturelle Kommunikation an der Technischen Hochschule Wildau inne. Seit 2015 ist sie stellvertretende Vorsitzende des ADAWIS e.V.

Portrait von Dr. Erika Linz

Leichte Sprache - eine Möglichkeit zur Partizipation?

Dr. Erika Linz

Mit der UN-Behindertenkonvention von 2009 wurde die Forderung nach einer barrierefreien Kommunikation auch auf die Sprache selbst ausgedehnt. Seitdem sind immer häufiger Texte – wie Webseiten öffentlicher Einrichtungen, Patient:inneninformationen, Nachrichten oder Museumskataloge etc. – zu finden, die in sogenannter Leichter Sprache verfasst sind. Die Verwendung der vereinfachten Sprachform soll helfen, sprachliche Barrieren abzubauen und in unserer textdominierten Welt auch Menschen mit geringen (Sprach-) und Lesekompetenzen eine selbstständige Teilhabe am öffentlichen Leben ermöglichen.

Noch wird aber wissenschaftlich und öffentlich diskutiert, was Leichte Sprache leisten kann: Können Texte in leichter Sprache einen Zugang zu komplexeren Inhalten eröffnen und damit allen eine Partizipation an öffentlichen Diskursen ermöglichen? Lässt sich Leichte Sprache möglicherweise sogar generell dazu nutzen, um Expert:innenwissen einem fachfremden Publikum allgemein verständlich zu vermitteln? Nach einer kurzen Vorstellung des Konzepts der Leichten Sprache skizziert der Vortrag Möglichkeiten und Grenzen ihrer Verwendung.

Erika Linz studierte Germanistische Sprachwissenschaft, Romanistik und Neurolinguistik an der RWTH Aachen. Ihre Promotion zu einer neurowissenschaftlich fundierten kognitiven Sprachtheorie wurde 2000 mit dem Friedrich-Wilhelm-Preis der RTWH Aachen ausgezeichnet. Sie war langjährige Mitarbeiterin bzw. Mitantragstellerin des interdisziplinären DFG-Forschungskollegs „Medien und kulturelle Kommunikation“ und des DFG-Graduiertenkollegs „Locating Media“ an den Universitäten Aachen, Köln und Siegen. Seit 2013 lehrt und forscht sie als Sprachwissenschaftlerin an der Universität Bonn insbesondere zu den Bereichen Sprachliche Interaktion, Medienlinguistik und interkulturelle Kommunikation.

Portrait von Prof. Dr. Anatol Stefanowitsch
Bild: Bernd Wannenmacher/FU Berlin

Rassismus in der Sprache

Prof. Dr. Anatol Stefanowitsch

Abwertende gruppenbezogene Bezeichnungen (sogenannte Slurs) wurden in der Linguistik und der Sprachphilosophie lange bestenfalls als Randphänomen betrachtet, dabei stellen Sie uns vor eine interessante Frage von hoher gesellschaftlicher Relevanz: Warum sind Slurs eigentlich abwertend? Nur selten lässt sich die abwertende Bedeutung ja direkt aus der Wortstruktur ablesen, was u. a. dazu führt, dass die abwertende Bedeutung von Slurs immer wieder bestritten wird. In meinem Vortrag werde ich zunächst den Stand der sprachwissenschaftlichen Überlegungen zu dieser Frage darstellen. Die Forschung hat inzwischen durchaus sinnvolle Denkansätze gefunden, tut sich aber insgesamt schwer mit einer Antwort. Im zweiten Teil meines Vortrags werde ich einige Überlegungen dazu anstellen, warum das so ist und skizzieren, wie die weitgehende Nicht-Betroffenheit der Forschenden ihnen den Blick auf einige entscheidende Mechanismen der Abwertung verstellt. INHALTSWARNUNG: In meinem Vortrag werde ich die Nennung und Reproduktion rassistischer Sprache weitgehend vermeiden, aber an einigen Stellen ist dies aus inhaltlichen Gründen nicht vollständig möglich.

Anatol Stefanowitsch ist Professor für Sprachwissenschaft an der Freien Universität Berlin und beschäftigt sich als Forscher und Publizist mit Fragen der sprachlichen Diskriminierung und des politischen Gebrauchs und Missbrauchs von Sprache. Seine Streitschrift „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

Mitglieder der Vereinigung Berlin Scholar Minds

Mind your Scholars - Aktiv für die psychische Gesundheit von Wissenschaftler*innen

Lara Wieland Anna-Lena Eckert Berlin Scholar Minds

Gemeinsames Lernen und Diskutieren, Austausch unterschiedlicher Perspektiven und Lebensrealitäten, das Schaffen von neuem Wissen – aktuell jedoch oft zu einem hohen Preis: Psychische Gesundheit im akademischen Bereich rückt seit Beginn der Pandemie noch einmal verstärkt in den Vordergrund. Aus diesem Grund entstand „Scholar Minds“: eine Initiative von Promovierenden aus Berlin, die sich für Entstigmatisierung, Vernetzung und die Vorbereitung notwendiger institutioneller und politischer Reformen einsetzt.

Logo des Studierendenwerks Darmstadt: bunte dreieeckige Kacheln bilden ein S

Einblick in den Beratungsalltag mit Studierenden

Beatrix Heinemann-Gill (Psychotherapeutische Beratungsstelle) Gaby Ruschka (Sozialberatung) Ursula Lemmertz (Abteilungsleitung Beratung und Soziales) Studierendenwerk Darmstadt

Wir sind froh für alle, die bei der Sozialberatung und/oder der Psychotherapeutischen Beratungsstelle geholfen bekommen. Gleichzeitig möchten wir darauf hinweisen, dass es beim Studierendenwerk wiederholt diskriminierende Vorfälle gab, die trotz mehrfacher Beschwerden nicht angemessen aufgearbeitet wurden. Wir möchten daher allen Studierenden und Mitarbeitenden aus marginalisierten Gruppen empfehlen, auf sich aufzupassen, wenn sie mit dem Studierendenwerk zu tun haben und gegebenenfalls vorab Austausch mit anderen, insbesondere internationalen Studierenden, zu suchen.

Einer der gesetzlichen Aufträge der Studierendenwerke lautet: „Unterstützung der Studierenden in ihren individuellen Lebens- und Studiensituationen“.

Die Abteilung Beratung und Soziales des Studierendenwerks Darmstadt bietet Studierenden (auch PhDs) der TU Darmstadt und der Hochschule Darmstadt viele kostenfreie Angebote:

  • eine Psychotherapeutische Beratungsstelle: Einzelberatung und Gruppenangebote
  • Sozialberatung: von Finanzierung über Aufenthaltsfragen, Versicherungen, soziale Probleme, Vereinbarkeit von Studium+X, …
  • Unterstützung für
    • Studierende mit Kind(ern)
    • Studierende mit Behinderung und/oder chron. Erkrankungen
    • Internationale Studierende
  • Rechtsberatung
  • Freizeit- und Unfallversicherung
  • Unterstützung bei Job- & Wohnungssuche
  • Studentisches Beratungsbüro comeTOgether
  • Interkulturelle Veranstaltungen, Workshops und Mitgestaltungsmöglichkeiten
  • Online Informationen zum Leben und Studieren in Darmstadt
  • Beratung von Studienzweiflern
  • Infos und Seminare zum Thema Gesundheit

Der Beitrag des Studierendenwerks zur Ringvorlesung behandelt drei Hauptthemen:

  • Gesundheit und Studium – welche Aspekte spielen eine Rolle?
  • Einblick in die Sozialberatung
  • Einblick in die Psychotherapeutische Beratung
Portrait von Dr. Sigrid Arnade
Bild: H.-Günter Heiden

Behinderung: zwischen Selbstbestimmung und Ableismus

Dr. Sigrid Arnade

Vor allem seit Anfang der 80er Jahre sind behinderte Menschen immer selbstbewusster und politischer geworden. Sie haben sich gegen fremdbestimmten Paternalismus gewehrt und für ihre Selbstbestimmung engagiert. Wie aber kann Selbstbestimmung gelingen für Menschen, die in ihrem Alltag auf Unterstützung angewiesen sind?

Behinderte Frauen sind in allen Lebensbereichen gegenüber behinderten Männern einerseits und nichtbehinderten Frauen andererseits benachteiligt. Ein großes Problem bildet dabei die sexualisierte Gewalt.

Mit der UN-Behindertenrechtskonvention, die seit 2009 geltendes Recht in Deutschland ist, wird Behinderung als Menschenrechtsthema anerkannt. Die Diskriminierung aller behinderter Menschen soll durch normative Vorgaben und die umfassende Partizipation der Betroffenen beendet werden.

Dem Anspruch der Nicht-Diskriminierung steht der Ableismus gegenüber, dem behinderte Menschen ausgesetzt sind wie schwarze Menschen dem Rassismus. Beides wäre kein Problem mehr, wenn eine inklusive Gesellschaft verwirklicht würde.

Dr. Sigrid Arnade, Berlin, ist Sprecherin für Gender und Diversity des Behindertenverbandes „Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. – ISL“. Sie war bis zu ihrer Rente (2020) zehn Jahre lang ISL-Geschäftsführerin. Die gelernte Tierärztin nutzt seit 1986 zur Fortbewegung einen Rollstuhl und hat seitdem als Journalistin für Fernsehen und Printmedien mit den Schwerpunkten „rechtliche Gleichstellung“, „barrierefreies Naturerleben“ und „behinderte Frauen“ sowie als Moderatorin und Projektleiterin gearbeitet.

Sie ist Mitbegründerin des Deutschen Behindertenrats, für den sie 2005/2006 an den Verhandlungen zur UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in New York teilgenommen hat. Dabei setzte sie sich vor allem für die Verankerung der Rechte behinderter Frauen in der UN-BRK ein.

Außerberuflich hat sie eine Stiftung und drei Vereine mitbegründet, unter anderem zwei Netzwerke behinderter Frauen. Derzeit ist sie ehrenamtlich im Vorstand des NETZWERK ARTIKEL 3 und als Vorstandsvorsitzende der Stiftung LEBENSNERV aktiv.

Portrait von Dr. René Krempkow

Die Vereinbarkeit von Wissenschaft und Familie aus Sicht von Hochschulen und Nachwuchsforschenden

Dr. René Krempkow

Aufgrund eines sich verstärkenden Wettbewerbs um die besten Nachwuchsforschenden – auch mit in Forschung und Entwicklung aktiven Unternehmen der Privatwirtschaft – erhält das Thema Vereinbarkeit von Wissenschaft und Familie in Deutschland eine zunehmende Relevanz und wissenschaftspolitische Thematisierung. Vor diesem Hintergrund ist bemerkenswert, dass unserer Studie zufolge Schwierigkeiten mit der Vereinbarkeit von Wissenschaft und Familie bei Nachwuchsforschenden eine deutlich stärkere Rolle als Grund für einen angestrebten Wechsel in die Wirtschaft spielen als noch vor einigen Jahren. Die Studie thematisierte insgesamt die Personalenwicklung für den wiss. Nachwuchs und wurde vom Stifterverband und durch das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) erarbeitet. Der Vortrag greift mit der Vereinbarkeit in der Wissenschaft einen Teilaspekt dieser größeren Studie auf, und ordnet die Ergebnisse insbesondere auch zu ähnlichen aus der Privatwirtschaft bzw. Deutschland insgesamt vorliegenden Ergebnissen ein.

Dr. René Krempkow ist wissenschaftlicher Referent in der Stabsstelle Qualitätsmanagement der Humboldt-Universität zu Berlin und leitet dort u. a. Auswertungen hochschulweiter Befragungen sowie einen bundesweiten Survey zum Wissenschaftsmanagement (KaWuM). Stationen seines Berufsweges waren sowohl Verwaltungen wie an der TU Dresden und der Universität Freiburg als auch außer­universitäre Einrichtungen wie HoF Wittenberg, iFQ Bonn (jetzt DZHW) und Stifterverband, wo er u. a. das Kapitel Bildungschancen im Hochschulbildungsreport und die Personalentwicklungsstudie verantwortete.

Portrait von Dr. Riccardo Altieri

Klassismus und Wissenschaft

Dr. Riccardo Altieri

Seit 2020 ist eine Vielzahl von Publikationen zum Thema „Klassismus“ erschienen, darunter auch mit einem speziellen Fokus auf die akademische Welt. Klassismus bezeichnet die gesellschaftliche Hierarchisierung in Arm und Reich auf Basis eines Klassenmodells, wie es bspw. von Pierre Bourdieu vertreten wurde. Das Individuum erfährt Klassismus vornehmlich durch das Gegensatzpaar „Privileg vs. Diskriminierung“ – und da gibt es überraschender Weise auch im Bildungs- und Hochschulsystem einige Probleme, die in diesem Kurzvortrag angesprochen werden sollen: Welche Formen nimmt Klassismus in der Hochschullandschaft an? Wer ist davon betroffen und wie kann diesem Missstand begegnet werden?

Riccardo Altieri ist unabhängiger, kritischer Historiker. Er studierte in Würzburg Geschichte und Germanistik und promovierte anschließend bei Mario Keßler und Frank Jacob an der Universität Potsdam. Er arbeitet für das Johanna-Stahl-Zentrum für jüdische Geschichte und Kultur in Unterfranken und ist Autor diverser Publikationen. Zuletzt erschien im Frühjahr 2021 die zweite Auflage des Sammelbandes „Klassismus und Wissenschaft“, den er mit Bernd Hüttner herausgegeben hat.

Portrait von Martin Schrader

Hierarchien & Machtmissbrauch in der akademischen Welt

Martin Schrader (N², Helmholtz Juniors)

Anhand typischer Beispiele für Machtmissbrauch innerhalb der Hierarchien der akademischen Welt werden die Handlungsempfehlungen von N² erklärt. Ziel ist es, ein Gefühl für den notwendigen Wandel hin zu einer nachhaltigeren Wissenschaft zu vermitteln und dafür wichtige Werkzeuge mitzugeben. Denn die Veränderung der akademischen Welt beginnt mit dem wissenschaftlichen Nachwuchs.

Martin Schrader wurde 1990 geboren und war langjährig selbständig tätig, bevor er 2013 zunächst an der Universität Leipzig Chemie studierte. 2018 absolvierte er seinen Master in Chemie an der Technischen Universität Dresden. Heute promoviert er am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf über Recyclingmethoden für Seltene Erden enthaltenden Elektroschrott.

Seit 2019 engagiert er sich in der Promovierenden-Vertretung seines Zentrums und vertritt dieses seit 2020 deutschlandweit innerhalb der Helmholtz Juniors, der Vertretung aller etwa 8000 Helmholtz Doktorand:innen. Dort übernahm er 2020 die Position als Sprecher der Arbeitsgruppe „Arbeitsbedingungen“ und ist seit 2021 Sprecher der Helmholtz Juniors und Vorstandsmitglied bei N² – dem Zusammenschluss der Helmholtz und Leibniz Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesellschaft sowie dem IPP Mainz. Gemeinsam vertritt N² damit über 16.000 Promovierende in ganz Deutschland. N² koordiniert dabei die größte Doktorand:innenumfrage Deutschlands, vertritt die Interessen der Promovierenden in Fachausschüssen im Bundestag, in Diskussionsrunden mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie in der Evaluierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes und veröffentlicht Fachbeiträge und Handlungsempfehlungen zu den Themen Machtmissbrauch sowie mentale Gesundheit.

Portrait von Angelo Camufingo
Bild: Dennis Krischker

Rassismus in der Wissenschaft

Angelo Camufingo

Rassismus hat seine sozial konstruierten Ursprünge im europäischen Kolonialismus und bezeichnet eine Machtstruktur, die weiß-Sein als Norm begreift und dazu dient, Macht und Vorherrschaft zu legitimieren. Rassismus führt eine Ideologie der Hierarchisierung und historischen Entmenschlichung rassifizierter Körper fort, die auf der falschen Annahme biologischer, geografischer, religiöser oder kultureller Minderwertigkeit beruht. Ein großer Teil dieser Kontinuität wird auch von der Wissenschaft und der akademischen Welt getragen. Ob Scientific Racism, die vielen rassistischen Realitäten von Menschen in Academia oder die fehlende antikoloniale und antirassistische Intervention von Universitäten, Macht und Wissen sind in vielerlei Hinsicht nicht voneinander trennbar.

Angelo Camufingo ist ein deutsch-angolanischer freier Antirassismus- und Bildungsreferent, Berater, Aktivist und Trainer im Bereich Diversität, Equity, Inklusion und Social Justice. Er schließt momentan den Master of Education in Englisch und Französisch an der Universität Potsdam ab. Dort ist er nach seiner Arbeit im Referat zu Bildungspolitik und Lehre und im Antirassismusreferat des Studierendenausschusses (AStA) auch im Lenkungskreis des Diversity Audits „Vielfalt gestalten“ des Stifterverbands tätig, welches die Universität derzeit durchläuft. Darüber hinaus forscht er zu marginalisierten, speziell durch Rassismus geprägten Realitäten, anti-kolonialer und diskriminierungskritischer bzw. antidiskriminierender Lehre, Wissenshierarchien und auto-ethnografischen Arbeiten zu Machtstrukturen, Emotionen und kolonialen Kontinuitäten.

Portrait von Dr. Clara M. Barker

Scattering atoms, ions and perceptions

Dr. Clara Barker

In this talk I will discuss the state of equity and inclusion in the field of STEM, with examples from my own journey. I will discuss why it is something we should consider, how science can benefit from making STEM more equitable, and suggest some thinking points for bring about this change.

Dr. Clara Barker is a thin film Material Scientist who manages the Centre for Applied Superconductivity at Oxford. Clara is the chair of the LGBT+ advisory group at Oxford University, Dean for equality and diversity at Linacre College and in 2018 she won the first diversity role model award from the University. She is also a member of both the Royal Society and the Girls School Association E&D committees. In her spare time, she runs a youth group for LGBTI+ people, with a support group for their parents. She is the recipient of the Points of Light Award from the UK Prime Minister in 2018, has written for various publications, delivered many talks on LGBTI+ issues and diversity in academia, including a TEDx talk in 2018, and was highlighted in Nature in early 2021.

Portrait von Salomé Wagner

Fehlerkultur: Ausstieg aus der Negativspirale

Salomé Wagner

Aus Fehlern lernt man! Was sich so leicht daher sagt, ist im Augenblick des Scheiterns schwierig zu verstehen. Wir sind geprägt vom Streben nach Zielerfüllung und definieren darüber Erfolg und – meistens – auch die persönliche Wertigkeit. Was passiert, wenn wir gesteckte Ziele nicht erreichen? Was können wir tun, um Scheitern zu meistern und kraftvoll aufzustehen? Schöner scheitern in vier Akten!

Salomé Wagner, MAS Services Marketing & Management, ist seit 20 Jahren auf Anwender- und Anbieterseite der IKT tätig. Seit 2012 begleitet sie als selbständige Beraterin IT-Unternehmen und Organisationen bei strategischen und operativen Marketingaufgaben. 2014 hat sie das Event-Format „FuckUp Nights“ nach Wien und Graz gebracht und dabei über 50 Veranstaltungen zum Thema „Lernen aus dem Scheitern“ organisiert und moderiert. Salomé Wagner ist Mitbegründerin von „WomeninICT“, eine IG im Verband österreichischer Software Industrie, und Vizepräsidentin des österreichischen Gewerbevereins.

Portrait von Dr. Gabriele Schambach

Leaders for Equality: Gleichstellung braucht Männer

Dr. Gabriele Schambach

Frauen sind in Führungspositionen überwiegend unterrepräsentiert. Deshalb gibt es Maßnahmen zur Qualifizierung und zum Empowerment – dennoch hat sich ihr Anteil bislang nur wenig erhöht. Der alleinige Fokus auf Frauen greift zu kurz, denn die Aktivitäten sind meist darauf ausgerichtet, dass sich Frauen verändern und an die Gegebenheiten der Unternehmen anpassen, was als „fixing the women“ bezeichnet wird.

Unberücksichtigt bleiben bei diesem Ansatz sowohl die notwendigen Veränderungen der Strukturen und der Kultur innerhalb einer Organisation, als auch die Rolle der Männer. Damit ein „fixing the system“ gelingen kann, ist es jedoch unabdingbar insbesondere die – nach wie vor überwiegend männlichen – Führungskräfte als Gestalter und Unterstützer mit ins Boot zu holen.

In dem Projekt „Leaders for Equality: Führungskräfte nutzen Chancen“ an der Universität St. Gallen haben wir eine Umfrage zum Gleichstellungsengagement männlicher Führungskräfte durchgeführt und darauf aufbauend eine Toolbox entwickelt – die ich in dem Vortrag vorstellen und mit Ihnen diskutieren möchte.

Dr. Gabriele Schambach beschäftigt sich als Organisationsberaterin, Führungskräftetrainerin und Wissenschaftlerin seit mehr als 20 Jahren mit Gender und Diversity. Mit Genderworks begleitet sie Unternehmen auf dem Weg zu ihrem Gender und Diversity Ziel. Als Co-Projektleiterin von „Leaders for Equality: Führungskräfte nutzen Chancen“ der Universität St. Gallen steht das Gleichstellungsengagement männlicher Führungskräfte im Mittelpunkt.

Sie ist ausgebildete Industriekauffrau und hat Politikwissenschaft an der Philipps-Universität Marburg und der Freien Universität Berlin studiert. Durch ihre Qualifikationen in systemischer Organisationsentwicklung sowie Transaktionsanalyse arbeitet sie zielorientiert und ergebnisoffen. Als zertifizierte Trainerin bringt sie ein umfangreiches Methodenrepertoire mit, um mit den Teilnehmenden dialogisch und interaktiv auch schwierige Themen mit Leichtigkeit zu behandeln.

Die gebürtige Rheinländerin verbindet auf lockere Art und Weise Humor mit Fachkompetenz und lädt dazu ein, gewohnte Denkweisen zu verlassen, neue Ideen zu entwickeln und alternative Handlungsmöglichkeiten zu erkennen.

Sie ist zudem leidenschaftliche Tänzerin des argentinischen Tango – dem Tanz bei dem das Verhältnis der Geschlechter nur auf den ersten Blick so klar zu sein scheint… aber das ist eine andere Geschichte…

Portrait von Annika Spahn

Mit queeren Menschen verbündet sein

Annika Spahn

Welche Erfahrungen machen queere Menschen in den Naturwissenschaften? Wieso sind queere Menschen den Naturwissenschaften gegenüber oft skeptisch? Wie kann Verbündet-Sein für queere Menschen in den Naturwissenschaften aussehen? Wie kann in den Naturwissenschaften respektvoll mit Queerness umgegangen werden und wie kann angemessen über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt gesprochen werden? Wie lassen sich Verbündete in den Naturwissenschaften finden?

Zu diesen Fragen werde ich einen kleinen Input geben und freue mich dann besonders auf Fragen & Diskussion.

Annika Spahn studierte Europäische Ethnologie, Islamwissenschaften und Gender Studies und promoviert aktuell in der Medizinsoziologie und den Queer Studies an den Universitäten Freiburg und Basel.

Robert Franken
Bild: Martina Geyert

Vom Privileg zur Haltung – Herausforderungen für Organisationen im Kontext Diversity, Equity & Inclusion (DEI)

Robert Franken

Vielfalt und Geschlechtergerechtigkeit gehören zu den häufig genannten Zielen von Unternehmen und Organisationen. Doch die damit verbundenen Maßnahmen ähneln sich auf eine Weise, die durchaus Zweifel aufkommen lässt, ob sie den Herausforderungen tatsächlich gerecht werden können. Absichtserklärungen, Diversity Days und Manifeste auf der einen, Quoten, Mentoring-Programme und Anti-Bias-Trainings auf der anderen Seite suggerieren lineare Lösungswege für klar zu umreißende Probleme. Doch die Themen sind komplex. Der Vortrag von Robert Franken versucht sich an ein paar Perspektivwechseln, um die existierenden Mechanismen und Reflexe zu hinterfragen und etwaige Missverständnisse zu diskutieren. Er zeigt, dass der kulturelle Wandel moderner Institutionen und Unternehmen u. U. nicht so harmonisch verlaufen wird, wie manche der Protagonist:innen es gerne hätten.

Robert Franken berät seit vielen Jahren Unternehmen zu Organisationskultur, Transformation und Diversity & Inclusion. Zuvor war er 15 Jahre lang für Tech- und Community-Startups tätig, zuletzt etwa als Geschäftsführer von Chefkoch.de. Er hat die Plattform „Male Feminists Europe“ mitgegründet und ist ehrenamtlicher Botschafter für HeForShe Deutschland.

Prof. Dr. Barbara Rothen und Prof. Dr. Alke Fink auf einer Couch

Flexible Arbeits(zeit)modelle in der Wissenschaft – Top-Sharing: Beide zusammen oder gar nicht

Prof. Dr. Barbara Rothen-Rutishauser & Prof. Dr. Alke Fink

Wir teilen uns seit über 10 Jahren eine ordentliche Professur am Adolphe Merkle Institut, Universität Fribourg, Schweiz. Die Motivation für unsere gemeinsame Bewerbung war eine Führungsposition in der Wissenschaft zu erlangen, und mit unseren komplementären Profilen – Barbara ist ausgebildete Zellbiologin, Alke ist Werkstoffchemikerin – überzeugten wir die Berufungskommission von den unmittelbaren Vorteilen einer gemeinsamen Professur.

Heute leiten wir eine Gruppe mit 30 Mitarbeitenden, hauptsächlich wissenschaftliche Mitarbeitende und Doktorierende. Alle unsere interdisziplinären Projekte bewegen sich an der Bio-Nano-Schnittstelle, und jeder in der Gruppe profitiert von unseren unterschiedlichen wissenschaftlichen Hintergründen. Wir haben unglaublich viel voneinander gelernt – und tun es immer noch -, und können neue wissenschaftliche Fragen ganz anders angehen als noch vor einigen Jahren. Unser Erfolg spiegelt sich auch in den 150 gemeinsam veröffentlichten wissenschaftlichen Publikationen und den über 15 Millionen Franken an Drittmitteln wider.

„Kommunikation“ ist der Schlüssel zum Erfolg einer solchen Partnerschaft, ebenso wie der Teamgeist, der von allen viel Zeit und Einsatz verlangt. Die Vorteile – wie geteilte Verantwortung, gegenseitige Vertretung bei Abwesenheit und ein größeres Netzwerk – überwiegen eindeutig. Wir werden unsere Erfahrungen, aber auch die Herausforderungen, vorstellen und über administrative Hürden, die es zu bewältigen gibt, sprechen.

Prof. Dr. Barbara Rothen-Rutishauser hat an der ETH Zürich Biologie studiert und promovierte in Zellbiologie. Nach einem Postdoc in Biopharmazie an der ETH Zürich wechselte sie in die Anatomie der Universität Bern, Schweiz, wo sie 10 Jahre, zuerst als Postdoc und dann als Gruppenleiterin, forschte. Im Jahr 2010 habilitierte sie an der Universität in Bern. Seit 2011 leitet sie als ordentliche Professorin zusammen mit Prof. Dr. Alke Fink im Co-Sharing die Gruppe Bionanomaterialien am Adolphe Merkle Institut der Universität Fribourg, Schweiz. Ihre Forschungsprojekte konzentrieren sich auf die Untersuchung von Nanomaterial-Zell-Interaktionen, sowie die Etablierung von 3D Lungenzellkulturmodellen, um die Effekte von inhalierten Materialien zu untersuchen.

Prof. Alke Petri-Fink promovierte 1999 in Chemie an der Universität Ulm, Deutschland. Nach einem Postdoc-Aufenthalt an der Universität von Gainesville, Florida, wechselte sie an das Institut für Materialwissenschaften der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL), zunächst als Postdoc, dann als leitende Wissenschaftlerin. 2009 wechselte sie an das Departement für Chemie der Universität Freiburg und seit 2011 ist sie, gemeinsam mit Prof. Rothen-Rutishauser, ordentliche Professorin am Adolphe Merkle Institut, Schweiz. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf anorganischen Nanopartikeln, deren Synthese, Oberflächen und Wechselwirkungen mit biologischen Zellen.

Logo des wissenschaftlichen Berufsberatungsunternehmens Scienza

(Wissenschaftliche) Karrieren zwischen Zwang, Erwartung und Freiraum

Dr. Neela Enke (Scienza)

Wenn wir über Karrieren sprechen – auch und ganz besonders über wissenschaftliche Karrieren – gibt es alle möglichen Notwendigkeiten, Zwänge, Vorstellungen, Erwartungen, denen wir uns ausgesetzt sehen und die unser Handeln einschränken. Wo bleibt da der Freiraum? Was ist möglich/unmöglich? Wo und wie kann ich einen Platz finden, der für mich passt und wo ich mit meinen Fähigkeiten wirksam werden kann? Wie gehe ich mit existenziellen Ängsten um? Welche Ansatzpunkte gibt es für das Individuum? Was kann und muss aber auch auf institutioneller Ebene verändert werden? Der Vortrag zeigt Möglichkeiten auf – anhand von Strategien und ungewöhnlichen Beispielen aus dem Coaching.

Dr. Neela Enke ist promovierte Biologin mit über zehn Jahren Erfahrung in verschiedenen europäischen Forschungsinstitutionen. Seit 2011 arbeitet sie als Coach für Forscher:innen in unterschiedlichen Qualifikationsstufen, Teams sowie Führungspersonal und Mitarbeiter:innen von Universitäten und Forschungseinrichtungen. Sie bietet Workshops zu den Themen Karriereentwicklung, Führungskompetenzen, Teamführung, Gender in der Wissenschaft sowie Konfliktmanagement an. Darüber hinaus ist sie ausgebildete Mediatorin mit Fokus auf Konflikte in Forschungsinstitutionen. Sie ist Inhaberin und Geschäftsführerin von Scienza Science Coaching und schreibt regelmäßig Artikel, Kolumnen und Bücher.

Portrait von Dr. Lisa Steinhauser

Promoviert - und dann?

Dr. Lisa Steinhauser

Die Doktorarbeit ist abgegeben und für viele Wissenschaftler:innen steht nun der Jobeinstieg bevor. In diesem Beitrag möchte ich einen Überblick geben über:

  • Welche Möglichkeiten gibt es in Industrie und freier Wirtschaft?
  • Wie kann ich mich auf den Bewerbungsprozess vorbereiten?
  • Wie „übersetze“ ich meine Erfahrung aus der Forschung in relevante Kenntnisse?

Außerdem berichte ich über meinen eigenen Karriere-Weg und teile meine Erfahrungen.

Lisa Steinhauser studierte Chemie an der Universität Tübingen und promovierte anschließend. Seit ihrem Berufseinstieg konnte sie Erfahrungen in vier verschiedenen Unternehmen sammeln. Sie arbeitete in den Bereichen Pharmaforschung, Lebensmittelanalytik und Vertrieb bei internationalen Konzernen sowie bei Mittelständlern. Ihre Stellen reichten bis hin zur Team- und Abteilungsleiterin für zehn Mitarbeiter:innen.

Seit 2017 ist Lisa nebenberuflich Coach und Trainerin für Doktorand:innen und Studierende. Ihre Workshops und Seminare drehen sich um die Themen Promotion und Karriere-Entwicklung für Wissenschaftler:innen.

Ring aus 17 bunten Kacheln, die Symbole für die einzelnen Nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals) zeigen
Bild: European Commission

Gemeinsam nachhaltige Zukünfte entwickeln

Katrin Ludwig & Mele Degel

In unserem Berufsalltag beschäftigten uns Fragen wie: Welche Auswirkungen hat es auf die Gesellschaft, wenn sich Menschen in solidarischer Landwirtschaft engagieren? Wie können wir die Menschen vor Ort bei der Planung von Windenergieanlagen unterstützen? Kann ich den Strom meiner PV-Anlage auf dem Dach mit meinem Nachbarn teilen und mich einer Energiegemeinschaft anschließen? Wie viel CO2 verursacht ein Mensaessen? Welche Voraussetzungen müssten für eine Ökonomie auf Basis nachwachsender Rohstoffe erfüllt sein und welche Veränderungen kommen damit auf die Gesellschaft zu? Wir wenden selten klassische Methoden zur Beantwortung unserer Fragen an. Meistens kommen in unseren Forschungsprojekten unterschiedliche Disziplinen zusammen und wir müssen das, was wir im Studium gelernt haben, immer wieder so anpassen, dass es zum Projektkontext passt und uns jede Menge neues Wissen aneignen. Vor allem mussten wir lernen, mit Kolleg*innen aus den Sozialwissenschaften und Akteur*innen aus der Zivilgesellschaft zu sprechen. Niemand will von oben herab gesagt bekommen, wie etwas zu funktionieren hat, aber die meisten Menschen sind bereit für ein Gespräch auf Augenhöhe. Viele unserer Projekte richten sich auch an politische Gestalter*innen. Unsere Arbeit ist interessant, aber auch eine Herausforderung, da wir die Finanzierung unserer Projekte selbst organisieren, ohne an eine Uni angeschlossen zu sein. Das gibt uns aber auch die Freiheit, unsere Projektinhalte zu gestalten und unterschiedlichste Partner*innen zusammenzubringen. Neben der inhaltlichen Arbeit engagieren wir uns auch an der organisatorischen Gestaltung des Instituts, hier beschäftigten uns auch Fragen von Gleichstellung und Chancengleichheit.

Das Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) ist eine 1981 gegründete, gemeinnützige Forschungseinrichtung mit dem Leitbild der nachhaltigen Entwicklung. Die Arbeitsschwerpunkte des IZT sind Zukunftsstudien mit langfristiger gesellschaftlicher Bedeutung und die Analyse der Entwicklung und Einführung neuer Technologien sowie die Abschätzung und Bewertung ihrer wirtschaftlichen, politischen, ökologischen und sozialen Folgen. Darüber hinaus entwickelt das IZT Strategien und Instrumente zur Technikgestaltung sowie zum ökologischen und sozialen Strukturwandel. Das IZT unterstützt Entscheidungsträger in Wirtschaft und Gesellschaft durch praxisnahes Orientierungs‐ und Handlungswissen und ist seit 2013 Teil des Konsortiums, welches das renommierte Büro für Technikfolgen‐Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) verantwortet. Das IZT arbeitet mit neuen Methoden der qualitativen, quantitativen und partizipativen Forschung, dabei bedient es sich der Erkenntnisse und Methoden der traditionellen Fachdisziplinen ‐ sowohl der Natur- und Ingenieurwissenschaften als auch der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften.

Katrin Ludwig arbeitet seit 2015 am IZT. Ihren Master im Studiengang Regenerative Energiesysteme (M. Sc.) an der TU Berlin schloss sie mit einer Arbeit zur Vergleichenden Lebenszyklusanalyse von Dünnschicht-PV und organischer PV ab. Zuvor erwarb sie ihren Bachelorabschluss im Studiengang Umwelttechnik/Regenerative Energien (B. Sc.) an der HTW Berlin. Während ihres Studiums arbeitete sie zwei Jahre als studentische Mitarbeiterin bei der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena) im Bereich Energieeffiziente Gebäude. Darüber hinaus sammelte sie praktische Erfahrungen im Bereich der Planung und Installation von Photovoltaik-Anlagen bei der Parabel AG, Berlin: Ab Oktober 2011 war sie für fünf Monate als Praktikantin in der Abteilung Dimensionierung und Konzeptionierung von Photovoltaik-Kraftwerken beschäftigt, und im September 2012 war sie als Mitarbeiterin für begleitende Qualitätssicherung und Logistik bei der Errichtung des 24MW-großen Solarparks Krempendorf tätig. Vor der Aufnahme ihres Studiums absolvierte Katrin Ludwig nach dem Abitur eine Ausbildung zur Biologielaborantin. Anschließend war sie drei Jahre in diesem Beruf tätig.

Mele Degel kam 2008 als wissenschaftliche Mitarbeiterin zum IZT. Sie forscht zu den Themen Energie, Klima und Infrastrukturen. Im Zeitraum 2013-2016 leitete sie das anspruchsvolle Modellierungs-Projekt „VerNetzen“. Dafür quantifizierte sie sozial-ökologische Schlüsselfaktoren, um diese anschließend in ein bisher rein technisch-ökonomisch ausgerichtetes Strommarktmodell zu integrieren. Melanie Degel engagiert sich seit Mai 2011 als Vorsitzende des Betriebsrates. Zudem ist sie die Frauenbeauftragte des Institutes. Ihr Berufseinstieg erfolgte bei einem Energietechnik-Unternehmen im Bereich Contracting. Sie studierte Wirtschaftsingenieurwesen „Energie- und Umweltmanagement“ an der Universität Flensburg und absolvierte ein Auslandssemester in Nuuk/Grönland. Ihre Diplomarbeit schrieb sie im Kompetenzzentrum für Erneuerbare Energien der Hamburger Commerzbank zum Thema: Technisch-wirtschaftliche Analyse innovativer Biogasnutzungstechnologien. Beim Ökostromhändler LichtBlick in Hamburg untersuchte sie im Praxissemester Verbrauchsprofile von Großkunden.