Molekularstrahlablenkung
Methodische Grundlagen

Der experimentelle Aufbau beinhaltet sowohl Stark-Elektroden als auch Stern-Gerlach-Magnete und ermöglicht damit die experimentelle Untersuchung dielektrischer und magnetischer Eigenschaften. In den beiden untenstehenden Abschnitten werden die methodischen Grundlagen für diese Experimente erläutert.

Tritt ein Molekularstrahl aus ungeladenen Teilchen in ein inhomogenes elektrisches Feld ein, erfährt er eine Kraft in oder entgegen der Richtung dieses Feldes. Die einhergehende Ablenkung des Molekularstrahls hängt mit dem elektrischen Dipolmoment der Cluster zusammen, welches sich aus zwei Anteilen zusammensetzt. Bei dem ersten Teil handelt es sich um das permanente Dipolmoment. Es beschreibt die Ladungsverteilung im Cluster als Folge von elektronischer und geometrischer Struktur, während der andere Teil die Verzerrung der Ladungsverteilung durch das elektrische Feld beschreibt. Letzteres wird daher auch als induziertes Dipolmoment bezeichnet. Beide Anteile des elektrischen Dipolmoments werden in Abb. 1 schematisch dargestellt.

Abb. 1: Schematische Darstellung der beiden Anteile des elektrischen Dipolmoments eines Teilchens im inhomogenen elektrischen Feld. Dabei stellt δ die Partialladung und μ dessen Gradienten dar. Die Teilbilder a) und b) stellen das permanente, von der Geometrie und Ausrichtung abhängende, Dipolmoment dar. Der Ladungsgradient zeigt in a) entgegen des Gradienten, wodurch die resultierende Kraft F entgegen der Richtung des elektrischen Feldes E auf das Teilchen wirkt. Teilbild c) stellt das induzierte Dipolmoment dar, das sich automatisch in Feldrichtung ausrichtet, wodurch die resultierende Kraft zu hohen Feldstärken wirkt. Die angedeutete weiße Kugel stellt die elektronische Verformung des Teilchens dar.
Abb. 1: Schematische Darstellung der beiden Anteile des elektrischen Dipolmoments eines Teilchens im inhomogenen elektrischen Feld. Dabei stellt δ die Partialladung und μ dessen Gradienten dar. Die Teilbilder a) und b) stellen das permanente, von der Geometrie und Ausrichtung abhängende, Dipolmoment dar. Der Ladungsgradient zeigt in a) entgegen des Gradienten, wodurch die resultierende Kraft F entgegen der Richtung des elektrischen Feldes E auf das Teilchen wirkt. Teilbild c) stellt das induzierte Dipolmoment dar, das sich automatisch in Feldrichtung ausrichtet, wodurch die resultierende Kraft zu hohen Feldstärken wirkt. Die angedeutete weiße Kugel stellt die elektronische Verformung des Teilchens dar.

Die Abhängigkeit der Gesamtenergie von der elektrischen Feldstärke wird als Stark-Effekt bezeichnet. Ein induziertes Dipolmoment führt dabei zu einer Verschiebung des Strahls in Richtung des Feldgradienten (Abb. 1c), während ein permanentes Dipolmoment eine Strahlverbreiterung bewirkt, da die Richtung der wirkenden Kraft zu jedem Zeitpunkt von der Orientierung des rotierenden Clusters abhängt. Entsprechend können durch die Betrachtung der Ablenkung eines Molekularstrahls durch ein inhomogenes elektrisches Feld Rückschlüsse auf das permanente und induzierte Dipolmoment eines Clusters gezogen werden. Da diese mit der Geometrie und Ladungsverteilung zusammenhängen, können zudem indirekt Informationen über die Struktur erlangt werden. Für die Bestimmung der geometrischen Struktur werden zunächst durch quantenchemische Rechnungen (globale Optimierung) mögliche Strukturkandidaten und deren Trägheits- bzw. elektrischen Dipolmomenten ermittelt. Mithilfe dieser Größen kann ein elektrisches Strahlprofil des Teilchens über eine molekulardynamische Simulation (MD-Simulation) berechnet werden.

Literatur

S. Schäfer, B. Assadollahzadeh, M. Mehring, P. Schwerdtfeger, R. Schäfer, J. Phys. Chem. A 2008, 112, 12312–12319.

H. Scheffers, J. Stark, Phys. Z 1934, 35, 625.

Prinzipiell lässt sich die Ablenkung im inhomogenen magnetischen Feld analog zur Ablenkung im inhomogenen elektrischen Feld beschreiben, wenn elektrisches Feld und elektrisches Dipolmoment durch ihre magnetischen Pendants ersetzt werden. Bei genauerer Betrachtung finden sich jedoch fundamentale Unterschiede: Zum einen ist das magnetische Dipolmoment nicht wie das Elektrische fest an die Molekülstruktur gebunden, zum anderen gibt es Unterschiede bei der Kopplung mit weiteren Freiheitsgraden eines Clusters. Für Atome ist die magnetische Gesamtdrehimpulsquantenzahl eine gute Quantenzahl. Damit ist die Projektion des magnetischen Dipolmoments auf die magnetische Feldachse μz, die proportional zur Ablenkung ist, eine Erhaltungsgröße und kann nur 2J+1 diskrete Werte annehmen. Im Stern-Gerlach Experiment an Atomen mit der Gesamtdrehimpulsquantenzahl J wird daher eine äquidistante Aufspaltung in 2J+1 Teilstrahlen gleicher Intensität beobachtet.

Die Beschreibung von Stern-Gerlach Experimenten an Clustern ist deutlich komplizierter als für Atome. Der Grund hierfür ist die Kopplung des elektronischen Gesamtdrehimpulses mit den Rotations- und Schwingungsfreiheitgraden des Clusters, wodurch die Gesamtdrehimpulsquantenzahl keine gute Quantenzahl mehr ist. Im Hochtemperaturgrenzfall, wenn eine Vielzahl an Schwingungsfreiheitsgraden angeregt ist, resultiert eine Ablenkung des Molekularstrahls in Richtung des Feldgradienten, wobei der Betrag der Ablenkung proportional zum Quadrat des intrinsischen magnetischen Dipolmoments des Clusters ist. Werden die internen Freiheitsgrade des Clusters sukzessive verringert bzw. eingefroren, so wird in den allermeisten Fällen eine zunehmende Verbreiterung des Molekularstrahls beobachtet.

Literatur

W. Gerlach, O. Stern, Z. Phys. 1922, 349–352.