Protein-Engineering durch vollständig chemische Synthese

Publikation in ACS Central Science zeigt, wie durch Vollsynthese von Proteinen deren Struktur und Funktion manipuliert werden kann

14.03.2024 von

Die Entwicklung von Arzneimitteln ist ein komplexer Prozess, der eine Vielzahl von Schritten erfordert. Beginnend mit der Erforschung einer Krankheit bis hin zur Identifizierung eines assoziierten Zielproteins und schließlich zur Entwicklung eines kleinen Moleküls (Ligand), dass die Krankheit bekämpfen kann. Dabei spielen Vertiefungen in der Proteinstruktur, sogenannte Bindungstaschen, eine entscheidende Rolle. Der entwickelte Ligand interagiert mit dem Zielprotein, um den gewünschten therapeutischen Effekt zu erzielen. Eine große Herausforderung besteht darin, selektive Interaktionen mit dem Zielprotein zu erreichen, ohne dabei andere verwandte Proteine zu beeinflussen.

In der Arbeitsgruppe von Prof. Felix Hausch wird intensiv an der Entwicklung von Liganden gearbeitet, die mit dem Zielprotein FKBP51 interagieren sollen. Dieses Protein wird mit chronischen Schmerzen, Depressionen und Fettleibigkeit in Verbindung gebracht. Lange Zeit war es schwierig, selektive Liganden zu finden, die zwischen FKBP51 und seinem verwandten Protein FKBP52 unterscheiden können. Dies ist von entscheidender Bedeutung, da beide Proteine trotz ähnlicher Struktur unterschiedliche biologische Funktionen haben. Eine bedeutende Entdeckung war, dass sich die Bindungstasche von FKBP51 vergrößern kann, im Gegensatz zu FKBP52, was eine Unterscheidung ermöglicht. Obwohl diese Veränderung dynamisch ist, kann durch chemische Modifikation des Proteins die Tasche dauerhaft offengehalten werden, um das Protein genauer zu untersuchen. Eine kürzlich veröffentlichte Arbeit in dem renommierten Journal ACS Central Science aus der Arbeitsgruppe von Prof. Hausch in Zusammenarbeit mit den Arbeitsgruppen von Prof. Lermyte und Prof. Pentelute (MIT, USA) behandelt genau dieses Thema. Die Arbeit wurde vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert, das den LOEWE-Schwerpunkt TRABITA, ein Forschungsverbund zur Erforschung von TRAnsient BIndungsTAschen, unterstützt.

„Durch vollständig chemische Synthese der entscheidenden Domäne von FKBP51 konnte dieses Protein so modifiziert werden, dass eine dauerhaft geöffnete Bindungstasche entstand“, erklärt Anna Charalampidou, die Erstautorin der Publikation. „Dies führte zu einer bis zu 39-fach verbesserten Bindungsaffinität für konformationsselektive Liganden und eröffnet ein einzigartiges System für die Entwicklung von Liganden für diese seltene Konformation“. Übergeordnet zeigen die Ergebnisse, wie die automatisierte Flow-Peptidsynthese für das präzise Protein-Engineering eingesetzt werden kann.